EU-Kommission legt Vorschlag zur Reform der Pestizidrichtlinie vor

Die Europäische Kommission hat am 22. Juni 2022 vorgeschlagen, die Verwendung chemischer Pestizide bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren. Das Reduktionsziel ist Teil der Überarbeitung des EU-Rechtsrahmens für Pflanzenschutzmittel. Darin wird zum ersten Mal ein rechtlich verbindliches Reduktionsziel vorgesehen, das bereits im Lebensmittelkapitel des Green Deal, der sogenannten „Farm-to-Fork“-Strategie, angekündigt worden war.

Konkret enthält der Kommissionsvorschlag zur nachhaltigen Nutzung von Pflanzenschutzmitteln folgende verbindliche Regeln: Auf EU- und nationaler Ebene soll die Verwendung chemischer Pestizide und besonders gefährlicher Pestizide bis 2030 um 50 Prozent verringert werden. Die Mitgliedstaaten werden ihre eigenen nationalen Reduktionsziele innerhalb vorgegebener Parameter festlegen können, um sicherzustellen, dass einerseits die EU-weiten Ziele erreicht werden und andererseits die nationalen Besonderheiten berücksichtigt sind. Außerdem soll durch strenge neue Vorschriften über umweltfreundliche Schädlingsbekämpfung sichergestellt werden, dass alle Anwender von Pestiziden die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes einhalten. Danach muss zunächst auf alternative umweltfreundliche Methoden zur Schädlingsprävention und -bekämpfung zurückgegriffen werden. Chemische Pestizide dürfen nur als letztes Mittel eingesetzt werden. Dies soll durch obligatorische Aufzeichnungspflichten für Landwirte und andere gewerbliche Verwender sichergestellt werden. Darüber hinaus müssen die Mitgliedstaaten für alle Nutzpflanzen spezifische Vorschriften festlegen, in denen die anstelle von chemischen Pestiziden zu verwendenden Alternativen genannt werden. Ergänzend schlägt die Kommission ein Verbot aller Pestizide in empfindlichen Gebieten vor. Das gilt für Orte wie städtische Grünflächen, Spielplätze, Schulen, Freizeit- und Sportplätze, öffentlichen Wege und Natura-2000-Schutzgebiete. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Bürgerinnen und Bürger im Alltag in ihrer unmittelbaren Umgebung nicht mehr mit chemischen Pestiziden in Berührung kommen.

Mit dem Vorschlag wird die bestehende Pflanzenschutzrichtlinie in eine Verordnung umgewandelt, wodurch die Regelungen unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gelten. Damit sollen die Probleme, die aufgrund der uneinheitlichen Umsetzung der noch geltenden Vorschriften in der Vergangenheit deutlich geworden sind, beseitigt werden. Zur Umsetzung der neuen EU-Vorschriften im Pflanzenschutzbereich müssen die Mitgliedstaaten der Kommission zukünftig ausführliche jährliche Fortschritts- und Durchführungsberichte vorlegen.

Zur Unterstützung der Anwenderinnen und Anwender von Pestiziden sieht der Kommissionsvorschlag eine finanzielle Begleitung vor. Im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik soll für einen Übergangszeitraum von 5 Jahren ein Ausgleich für etwaige Kosten möglich sein, die aufgrund der Umsetzung der neuen Vorschriften entstehen. Darüber hinaus sollen Maßnahmen zur Erweiterung des Angebots an biologischem und risikoarmem Pflanzenschutz erarbeitet werden, auch im Rahmen des EU-Forschungsprogrammes zur Förderung neuer Technologien und Verfahren, beispielsweise zur Präzisionslandwirtschaft.

Ursprünglich war die Verabschiedung des Vorschlags für März 2022 geplant gewesen, wurde aber verschoben, weil die Kommission mit anderen politischen Prioritäten beschäftigt war. Insbesondere die russische Invasion in der Ukraine hatte Besorgnis über die weltweite Ernährungssicherheit ausgelöst und kurzfristige Reaktionen erfordert. (UV)