Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Gefahr der Zunahme von intensiven Schmerzen im Zielland bestehe und somit kein Leben auf menschenwürdige Weise gemäß Grundrechte Charta mehr möglich wäre.
Im konkreten Fall handelt es sich um einen russischen Staatsangehörigen, der in den Niederlanden mehrere Asylanträge stellte, welche abgewiesen wurden. Der Russe leidet seit dem 17. Lebensjahr an einer seltenen Blutkrankheit, welche mit der Einnahme von medizinischem Cannabis zur Schmerzlinderung behandelt wird. Bei einer Abschiebung nach Russland, würde diese Behandlung allerdings ausbleiben, da dort medizinisches Cannabis verboten ist. Der Klagende betonte, dass er aufgrund der ausbleibenden Behandlung in Russland nicht mehr auf menschenwürdige Weise leben könnte.
Das Bezirksgericht Den Haag entschied, den Fall dem EuGH vorzulegen, um zu erfahren, ob die Richtlinie 2008/115/EG über gemeinsame Normen und Verfahren in den EU-Mitgliedsstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, die Entscheidung verbiete. Die Richtlinie untersagt eine Abschiebung, falls sie der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehe.
Mit Verweis auf seine eigene Rechtsprechung sowie der des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte urteilte der EuGH, dass das Unionsrecht einem Mitgliedsstaat verwehrt, gegen einen illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen, der an einer schweren Krankheit leidet, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen oder ihn abzuschieben. Das Gericht hob hervor, dass dem Drittstaatsangehörigen, aufgrund der Nichtverfügbarkeit einer angemessenen Versorgung im Zielland, die tatsächliche Gefahr einer raschen, erheblichen und unumkehrbaren Zunahme der Schmerzen drohen muss, um die Abschiebung zu unterlassen. Der EuGH begründet seine Entscheidung damit, dass ein Ausbleiben einer adäquaten Behandlung im Zielland zu solch intensiven Schmerzen führen kann, die gegen die Menschenwürde gemäß Art. 1 der Grundrechte Charta verstoßen. Die betroffene Person könnte eine unumkehrbare psychische Störung erleiden oder sogar zum Selbstmord veranlasst werden.
Das Urteil des EuGHs finden sie hier. (HK)