| Regierungskrise Italien

5-Sterne-Bewegung in Italien stimmt Koalition mit Sozialdemokraten zu

Seit Juni 2018 wurde Italien aus einer Koalition der rechten Partei Lega und der EU-skeptischen 5-Sterne-Bewegung regiert. Immer wieder kriselte es zwischen den beiden populistischen Parteien, ein vorzeitiges Ende der bereits 65. Nachkriegsregierung drohte mehrfach.

Während der politischen Sommerpause im August 2019 überschlugen sich dann die Ereignisse: Der jahrzehntelange Streit um den Bau einer Hochgeschwindigkeits-Bahnstrecke zwischen Turin und Lyon sollte die Regierungskoalition endgültig spalten. Nachdem die Fünf-Sterne-Bewegung ihre Zustimmung zum Bauprojekt versagte, warf Lega-Chef Salvini dem Koalitionspartner vor, eine effektive Regierungsarbeit fortgesetzt zu blockieren und forderte Neuwahlen. Der Vorsitzende der Fünf-Sterne-Bewegung, Di Maio, kritisierte dieses Vorgehen ebenso scharf wie der parteilose Ministerpräsident Conte. Das von der Lega ausgesprochene Misstrauensvotum gegen Conte wurde zunächst aufgeschoben und scheiterte dann Mitte August am Widerstand der Fünf-Sterne-Partei und der sozialdemokratischen Oppositionspartei (PD), welche sich vielmehr über eine mögliche zukünftige Zusammenarbeit berieten. Am 20. August 2019 erklärte Conte sodann die Regierung wegen Salvinis Vorgehen für gescheitert und reichte seinen Rücktritt bei Staatspräsident Mattarella ein.

Die anschließend von Mattarella angeordneten Sondierungen der Parteien zur Bildung einer neuen Regierung drohten zunächst zu scheitern, denn die Sozialdemokraten wollten anfänglich Conte als Ministerpräsident und damit der Forderung der Fünf-Sterne-Bewegung nicht zustimmen. Am 28. August 2019 konnten sich die beiden Fraktionen indes doch auf eine Regierungskoalition mit Conte als Ministerpräsidenten einigen. Salvinis Kalkül, Neuwahlen zu einer Zeit günstiger Umfragewerte für seine Lega abhalten zu lassen, ging damit nicht auf, statt Ministerpräsident ist er nun Oppositionsführer.

Anfang September stand das neue Regierungsbündnis indes auf der Kippe, denn die Führung der Fünf-Sterne-Bewegung wollte die Parteimitglieder in einer Online-Befragung zunächst hierüber abstimmen lassen. Am 3. September 2019 sprach sich die Basis jedoch für die geplante Koalition unter der Führung Contes aus.

Der alte und somit auch bald neue Ministerpräsident Conte wird nun ein neues Kabinett zusammenstellen müssen. Nach dessen Absegnung durch Mattarella müssen allerdings noch Senat und Abgeordnetenkammer der neuen Regierung zustimmen.

Ein schnelle Neubildung der Regierung ist auch aus europäischer Sicht wünschenswert, da die Nominierung für den italienischen Kommissionposten immer noch aussteht. Angesichts der tiefen Zerstrittenheit der Fünf-Sterne-Bewegung und der Sozialdemokraten sowie angesichts der Popularität Salvinis im Volk, bleibt abzuwarten, wie lange die dann 66. italienische Nachkriegsregierung im Amt bleibt. (FP)

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