Die Kommission präsentierte am 9. Dezember 2020 den Staats- und Regierungschefs ihre Anti-Terror-Agenda. Mit ihrer Hilfe sollen Radikalisierung vorgebeugt, öffentliche Räume geschützt und das Mandat von Europol gestärkt werden. Ferner präsentierte die Kommission den Fortschrittsbericht zur Sicherheitsunion und stellt fest, dass bestehende EU-Vorschriften im Kampf gegen den Terror und seine Finanzierung, gegen die Verbreitung von Feuerwaffen und gegen Geldwäsche konsequenter von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden müssten.
Im Rahmen der Sicherheitsstrategie der Kommission erzielten Rat und Parlament bereits am Vortag eine Einigung auf eine Reform des Visa-Informationssystems. Demnach sollen Grenzbeamte künftig alle Informationen erhalten, um Reisende, die ein potenzielles Sicherheitsrisiko darstellen, früher zu erkennen.
Der Bericht über die Fortschritte der Sicherheitsunion deckt den Zeitraum Oktober 2019 bis Dezember 2020 ab und konzentriert sich auf vier Bereiche:
- Ein zukunftstaugliches Sicherheitsumfeld;
- Den Umgang mit sich wandelnden Bedrohungen;
- Den Schutz der Europäerinnen und Europäer vor Terrorismus und organisierter Kriminalität;
- Eine starke europäische Sicherheitsgemeinschaft.
Die vorgestellte neue Anti-Terror-Agenda baut auf den bisherigen Arbeiten auf und soll helfen, Schwachstellen zu ermitteln und Kapazitäten aufzubauen, um mögliche Bedrohungen vorherzusehen. Um dies zu erreichen, sollen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass das EU-Zentrum für Informationsgewinnung und Lageerfassung (EU-INTCEN) qualitativ hochwertige Beiträge erhält, damit ein besseres gemeinsames Lagebild entsteht. Ferner soll die Sicherheitsforschung intensiviert werden, um neue Bedrohungen frühzeitig zu erkennen.
Zur Bekämpfung der Radikalisierung und zur Verhinderung von Anschlägen war es daher wichtig, dass Rat und Parlament sich am 10. Dezember 2020 auf die Verabschiedung der Verordnung zur Verbreitung terroristischer Online-Inhalte geeinigt haben. Mit der Verordnung ist es nun möglich, dass terroristische Inhalte künftig innerhalb von einer Stunde nach einer Entfernungsanordnung der nationalen Behörden aus dem Internet entfernt werden müssen. Die Anordnungen können grenzüberschreitend an jede in der EU niedergelassene Online-Plattform gerichtet werden. Inhalte zu Bildungszwecken, zu journalistischen oder künstlerischen Zwecken sowie zu Forschungszwecken sind hiervon ausgenommen. Ferner sieht die Verordnung einen Beschwerdemechanismus und eine Verpflichtung für Dienstanbieter, verstärkt proaktiv gegen Terror-Inhalte vorzugehen, vor.
Die Anti-Terror-Agenda sieht darüber hinaus verstärkt Präventionsmaßnahmen vor. So soll durch eine stärkere Inklusion sowie Maßnahmen in Bildung, Kultur, Jugend und Sport der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt werden. Besonderes Augenmerk legt die Kommission auch auf die Rehabilitation und Wiedereingliederung radikalisierter Häftlinge, weshalb unter anderem die Einrichtung eines EU-Wissenszentrums vorgeschlagen wird.
Weiterhin sieht die Agenda eine Verstärkung des physischen Schutzes öffentlicher Räume vor. Mit maßgeschneiderten Sicherheitskonzepten („security by design“) sollen Städte Schwachstellen im öffentlichen Raum beseitigen und hierbei finanziell unterstützt werden. Ein Vorschlag zum Schutz kritischer Infrastrukturen (Kraftwerke, Krankenhäuser, Verkehrsknotenpunkte) im Rahmen der Anti-Terror-Agenda soll für eine erhöhte Widerstandsfähigkeit sorgen.
Von zentraler Bedeutung für die Agenda sind darüber hinaus die EU-weite polizeiliche Zusammenarbeit und der Informationsaustausch, weshalb die Kommission 2021 einen EU-Kodex für die Verbesserung der polizeilichen Zusammenarbeit vorschlagen wird.
Weitere Schwerpunkte der Agenda sind sowohl der Opferschutz als auch die Entschädigungen sowie die Zusammenarbeit mit Drittstaaten. Ein europäischer Koordinator für Terrorismusbekämpfung soll einschlägige Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung und Finanzierung koordinieren. Schließlich soll das Mandat von Europol gestärkt werden. (CM)
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_2326
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/qanda_20_2325
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_2328
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_2372
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:52018PC0640