| Brexit

Aufforderung an Johnson: „Please leave my town“

Wie gespalten das britische Volk mittlerweile durch das Ringen um den Brexit ist, zeigte sich am vergangenen Samstag in West Yorkshire in Nordengland. Höflich, aber direkt bat dort ein Passant den britischen Premier Boris Johnson, seine Stadt zu verlassen. Das Video dieser Szene verbreitete sich rasant im Netz. Johnson hatte zuvor eine Rede vor Polizeianwärtern gehalten.

Die politische Lage auf der Insel ist nach wie vor angespannt. Am 9. September 2019 unterzeichnete Queen Elizabeth II. das Gesetz gegen den ungeregelten Brexit. Somit ist Premierminister Boris Johnson, falls es bis zum 19. Oktober 2019 zu keiner Einigung über ein Abkommen kommen sollte, gezwungen, bei der EU um einen Aufschub zu bitten. 

„Diese Regierung wird keine weitere Verzögerung des Brexits zulassen“, äußerte sich Johnson nochmals kämpferisch. Sicherlich könnte er das Gesetz gegen den No-Deal einfach ignorieren. Das würde allerdings Klagen der Opposition nach sich ziehen.

Der ehemalige Berater der früheren Premierministerin Margaret Thatcher, Hugh Kinney, schätzt, dass Johnson es auf einen Rücktritt anlegen wird. Dann könnte die Queen Labour-Chef Jeremy Corbyn zum Premierminister machen, der selbst keine Mehrheit hat. Er würde dann durch ein Misstrauensvotum der Konservativen wieder aus dem Amt katapultiert, sodass im Anschluss auch ohne Zweidrittel-Mehrheit Neuwahlen möglich wären. Man darf jedoch bezweifeln, dass die Queen hierfür ihre Unterschrift geben wird.

Am Montagabend stellte Premierminister Boris Johnson erneut einen Antrag auf Neuwahlen. Erwartungsgemäß wurde dieser, wie auch der vorige am 4. September 2019 letzter Woche, abgelehnt. Seit 10. September 2019 ist das Parlament nun in seiner verordneten Zwangspause. John Bercow, der durch seine Ordnungsrufe als Parlamentssprecher Berühmtheit erlangte („Order!“), erklärte am 9. September 2019 seinen Rücktritt von eben diesem Amt. Bis spätestens 31. Oktober 2019wolle er seinen Posten freigeben.

Jean-Yves Le Drian, der französische Außenminister, lehnt einen Brexit Aufschub unter den aktuellen Umständen ab. „Beim jetzigen Stand der Dinge heißt es nein!“ äußerte er sich am Sonntag gegenüber französischen Medien. Damit unterstrich er die harte Haltung von Präsident Macron.

Die durch Abstimmung im Parlament erzwungene Veröffentlichung der Yellowhammer-Papiere legte am 12. September 2019, offen, dass man im Falle des harten Brexits mit drastischen Konsequenzen rechnen muss. Demnach würde es u. a. Engpässe bei Nahrungsmitteln, Medikamenten und Treibstoff geben. Das Dokument war bereits vergangenen Monat durch ein „Leak“ an die Öffentlichkeit durchgesickert.

Nachdem ein schottisches Gericht die Zwangspause des Parlaments als unrechtmäßig eingestuft hat, wird nun der Supreme Court am, 17. September 2019 ein abschließendes Urteil fällen. Dabei steht auch die brisante Frage im Raum, ob Johnson bei der Begründung der Zwangspause Queen Elizabeth II. die Unwahrheit sagte. Falls das höchste Gericht sich dem Urteil der Schotten anschließt, dürfte das weitreichende Folgen haben. (KL)

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