Der Landwirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments (AGRI) lud am
18. November 2019 zu einer öffentlichen Anhörung über die Auswirkungen des Freihandelsabkommens der EU mit den Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay). Die in der Anhörung geladenen Verbände wiederholten ihre Bedenken vor einem Anstieg der Importe aus den Mercosur-Staaten und zu starker Preiskonkurrenz für die europäischen Landwirte. Auch die Sorge um die Zunahme von Waldbränden, Menschenrechtsverletzungen, unnötigen klimaschädlichen Transportwegen und der Import von Produkten in die EU, welche die Standards (Pestizide, Antibiotika, GVO, Tiertransporte) der EU nicht einhalten, kam zur Sprache.
Die Kommission entgegnete, bei Importen in die EU müssten die Mercosur-Staaten auch die europäischen Standards einhalten. Die Kommission stelle ausreichend finanzielle Maßnahmen zum Schutz der europäischen Landwirtschaft bereit und das Nachhaltigkeitskapitel des Abkommens stelle die Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens sicher.
Isabella Timm-Guri, Leiterin der Marketingabteilung des bayerischen Bauernverbandes erklärte, die Anzahl von Mastanlagen mit Kraftfutter nehme in den Mercosur-Staaten zu, obwohl diese in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch mit extensiver Weidehaltung in Verbindung gebracht würden. Nicole Polsterer von der Umweltschutzorganisation Fern verwies auf die in der Studie der London School of Economics vom 4. Oktober 2019 zum Abkommen belegte Zunahme von Menschenrechtsverletzungen gegenüber indigenen Völkern. Außerdem habe es seit Vereinbarung des Abkommens bereits 64 Prozent mehr Feuerausbrüche als im selben Zeitraum 2018 gegeben – insbesondere in Schlachthofnähe. Fern fordert daher eine „Sorgfaltspflicht“, die Unternehmen verpflichtet, die Umweltauswirkungen und Auswirkungen auf Menschenrechte entlang der gesamten Lieferkette öffentlich zu dokumentieren. Auch sollten Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Unternehmen, die dagegen verstoßen, verhängt werden können.
Pekka Pesonen, Generalsekretär des europäischen Bauernverbands Copa Cohega lehnt das Abkommen ab und sieht in den Bereichen Zucker, Ethanol, Reis, Zitrusfrüchte, Rind- und Hühnerfleisch die Gefahr, dass europäische Landwirte durch Kampfpreise aus dem Markt gedrängt werden. Copa Cohega stehe hinter dem Pariser Klimaschutzabkommen, die globale Erwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen, aber es sei nicht möglich, dass die EU bereit sei, mehr für den Klimaschutz zu tun, wenn Märkte zunehmend geöffnet würden und mit zweierlei Maß gemessen würde.
Anschließend wurden in einer zweiten Fragerunde die Sektoren Fleisch, Olivenöl, Wein, Obst und Gemüse analysiert. Gäste waren Liam MacHale, Vorsitzender des irischen Bauernverbandes, Jean-Michel Schaeffer, Präsident des Geflügelverbandes (ANVOL) sowie Augustín Herrero, Generaldirektor der spanischen Landwirtschafts- und Lebensmittelverbände.
Die EU hat sich mit den Mercosur Staaten am 28. Juni 2019 nach zwei Jahrzehnten auf ein Freihandelsabkommen geeinigt. Dies ist die erste Freihandelsvereinbarung der Mercosur Staaten. Die Parlamente aller 28 EU-Mitgliedstaaten sowie der Mercosur Staaten und das Europäische Parlament müssen dem Abkommen zustimmen. (TS)
Texte zum Abkommen: http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=2048
Studie der LSE: http://www.eumercosursia.com/