| Agrarpolitik

Bericht zum Strategischen Dialog zur Zukunft der Landwirtschaft vorgelegt

Niedrigere Steuern auf Lebensmittel, ein EU-weites Benchmark-System für die Landwirtschaft, einen zusätzlichen befristen Agrarfonds zur fairen Transformation des Agrar- und Ernährungssystems sowie ein gemeinsames Tierwohlkennzeichen fordern Experten auf EU-Ebene in ihrem Abschlussbericht über die Zukunft der EU Landwirtschaft.
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Der Vorsitzenden der Arbeitsgruppe „Strategischer Dialog zur Zukunft der Landwirtschaft in der EU“, Professor Peter Strohschneider, hat am 4. September 2024 den Abschlussbericht des Gremiums in Brüssel vorgestellt und an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen übergeben. Der Bericht enthält eine Bewertung der Herausforderungen und Chancen sowie eine Reihe von Empfehlungen für langfristige Lösungen zur Schaffung eines wettbewerbsfähigen, widerstandsfähigen und nachhaltigen Agrar- und Lebensmittelsystem in der EU. Diese Vorschläge sollen in die Arbeit der Europäischen Kommission zur Gestaltung einer zukünftigen Vision für Landwirtschaft und Ernährung einfließen.

Die Mitglieder des Dialogs, insgesamt 29 Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter aus dem europäischen Agrar- und Ernährungssektor, der Zivilgesellschaft, der ländlichen Räume und der Wissenschaft, haben eine Reihe von grundlegenden Prinzipien für die Politik und gemeinsame Empfehlungen vorgelegt, die der Vielfalt und Komplexität der Agrar- und Lebensmittelsysteme Rechnung tragen. Der Abschlussbericht des Strategischen Dialogs dient als Orientierungshilfe für Maßnahmen zur Schaffung sozial verantwortungsvoller, wirtschaftlich rentabler und ökologisch nachhaltiger Agrar- und Ernährungssysteme. Er richtet sich an die EU‑Organe, insbesondere an die Europäische Kommission (KOM) sowie an die Mitgliedstaaten.

Wissentlich, dass die Weiterentwicklung des Agrar- und Ernährungssystems unweigerlich Interessenkonflikte mit sich bringt, hat das Gremium sich zu Anfang auf für die Politik leitenden Prinzipien verständigt, die als Ausgangspunkt für die Transition des Sektors gelten sollen. Das sind etwa die Notwendigkeit für Veränderungen, die strategische Rolle von Lebensmitteln und landwirtschaftliche Erzeugung im neuen geopolitischen Kontext, die bedeutende Rolle junger Menschen, der Dreiklang von wirtschaftlicher, ökologischer sowie sozialer Nachhaltigkeit oder die Bedeutung der ländlichen Räume.

Auf dieser Basis werden im Abschlussbericht des Strategischen Dialogs vielfältige Empfehlungen für fünf Bereiche abgeleitet:

  • Zusammenarbeit für eine nachhaltige, widerstandsfähige und wettbewerbsfähige Zukunft des Lebensmittel- und Agrarsektors: Hier wird geraten, dass die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU angesichts des laufenden Übergangs zu nachhaltigeren und wettbewerbsfähigeren Lebensmittelsystemen angepasst werden, die Position der Landwirtinnen und Landwirte in der Lebensmittelwertschöpfungskette gestärkt und der Zugang zu Finanzierungsquellen verbessert werden muss. Zudem wird auf die Rolle des Handels und internationaler Standards eingegangen. Konkret wird hier die Einführung eines EU-weiten Benchmarking-Systems im Agrar- und Ernährungssektor gefordert, um die Methode der Nachhaltigkeitsbewertung zu vereinheitlichen. Zusätzlich zur GAP sollte darüber hinaus ein befristeter Agrarfonds für faire Weiterentwicklung des Agrar- und Ernährungssystems (Agrifood Just Transition Fund - AJTF) eingerichtet werden, um eine rasche Nachhaltigkeitsentwicklung des Sektors zu ergänzen.
  • Nachhaltige Agrar- und Lebensmittelsysteme: Die Empfehlungen im Rahmen dieser Säule betreffen die Unterstützung und Förderung nachhaltiger landwirtschaftlicher Verfahren, auch in der Tierhaltung. Es soll ein stärkeres Augenmerk auf das Tierwohl gelegt werden und den Verbraucherinnen und Verbrauchern ermöglicht werden, sich nachhaltig und ausgewogen zu ernähren, beispielsweise durch geringere Steuern auf Lebensmittel. Die KOM wird aufgefordert, eine umfassende Überprüfung der EU-Rechtsvorschriften zur Lebensmittelkennzeichnung durchzuführen und einen Bericht zu veröffentlichen, in dem die Werbemaßnahmen des Ernährungssektors, die sich speziell an Kinder richten, untersucht werden.
  • Maßnahmen für ein besseres Risiko- und Krisenmanagement: Angesichts der zunehmenden ökologischen, klimatischen, geopolitischen und wirtschaftlichen Risiken wird im Bericht betont, wie wichtig es ist, die Risikomanagementinstrumente und das Krisenmanagement zu stärken, landwirtschaftliche Flächen besser zu erhalten und zu bewirtschaften, eine wasserresistente Landwirtschaft zu fördern sowie innovative Pflanzenzuchtkonzepte zu entwickeln.
  • Schaffung eines attraktiven und vielfältigen Sektors: In diesem Abschnitt wird die Bedeutung des Generationswechsels und der Gleichstellung der Geschlechter sowie lebendiger ländlicher Gebiete und Agrar- und Lebensmittelsysteme dargelegt, einschließlich der Notwendigkeit, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schützen.
  • Besserer Zugang zu und bessere Nutzung von Wissen und Innovationen: In den Empfehlungen wird der Schluss gezogen, dass der Zugang zu Wissen und Kompetenzen erleichtert werden muss und dass die Digitalisierung als Chance zu begreifen ist.

Kommissionspräsidentin von der Leyen sagte zu, dass die Schlussfolgerungen konkrete politische Konsequenzen haben sollen und versprach bei der Übergabe des Berichts, dass die Ergebnisse bei der Erarbeitung der von ihr angekündigten Vision für den Agrarsektor berücksichtigt werden, die sie in den ersten 100 Tagen der nächsten Amtszeit – also bis März 2025 – vorlegen will.

Mit dem Strategischen Dialog haben die Mitglieder, so Prof. Strohschneider, die Grundlage für eine neue Kultur des Engagements und der Zusammenarbeit gelegt. Dieser Ansatz sollte weiterverfolgt werden. Deshalb wird der KOM in dem Bericht empfohlen, ein Europäisches Agrar- und Ernährungsforum (European Board on Agri-Food) einzurichten. Diese neue Plattform soll zukünftig an der Umsetzung der Empfehlungen aus dem Abschlussbericht mitwirken. (UV)

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