Das Netzwerk führender demografischer Forschungsinstitute (Population Europe) hat im Mai 2020 ein Kurzdossier veröffentlicht, in dem es den aktuellen Stand der demografischen Forschungen zur Coronavirus-Pandemie erfasst.
Vor dem Hintergrund der COVID-19-Krise besteht laut Dossier eine der dringendsten politischen Aufgaben darin, ein besseres Verständnis dafür zu gewinnen, in welchem Umfang und auf welche Weise die Demografie die unterschiedlichen Sterblichkeitsmuster aufgrund des Virus zwischen Gruppen und Regionen in den europäischen Ländern bestimmt hat. Eine Frage lautet dabei, ob und wie die Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen die Bevölkerungsdynamik in der Zukunft beeinflussen werden. Das Dossier gibt einen Überblick über die wichtigsten Krisenergebnisse, die von der demografischen Gemeinschaft in Europa bisher identifiziert wurden, und zeigt die zentralen Trends auf, die in den kommenden Monaten angegangen werden müssen.
Die Schlüsselbotschaften des Kurzdossiers lauten:
- Postpandemische politische Evaluierungen über die Ausbreitung von COVID-19 und die Auswirkungen von Eindämmungsmaßnahmen sollten eine gründliche Analyse umfassen, die über Gesundheitsindikatoren hinausgeht. Sie sollten auch die Rolle wichtiger demografischer Indikatoren wie Alters- und Familienstrukturen, Muster des Zusammenlebens, individuelle Merkmale wie sozioökonomischen Status und Mobilität bewerten;
- während der aktuellen COVID-19-Krise besteht ein hohes Maß an Unsicherheit in den Entscheidungsprozessen. Zusätzlich zu der Ad-hoc-Beratung, die während jeder Art von Krise erforderlich ist, wird ein permanentes Überwachungssystem benötigt, das auf gesammelten Erkenntnissen über Fragen der Bevölkerungsgesundheit und darüber hinaus beruht. Die Überwachung sollte in enger Zusammenarbeit mit Experten aus Forschung, Politik, Wirtschaft und gesellschaftlichen Organisationen erfolgen, um das Silo-Denken zu überwinden;
- Daten auf nationaler Ebene, die innerhalb Europas repräsentativ, zuverlässig und vergleichbar sind, werden benötigt. Dies betrifft Gesundheits- und Sterblichkeitsdaten, aber auch andere Bereiche, die von der Pandemie betroffen sind, wie z. B. Familienbeziehungen, Versorgungssysteme und Migration. Empfohlen wird die Entwicklung einer systematischen, elektronischen Berichterstattung in Echtzeit;
- die Aufschlüsselung der Daten nach Alter und Geschlecht sollte systematisch in der Sterblichkeitsstatistik dargestellt werden. Darüber hinaus sei es unerlässlich, eine Harmonisierung der Daten der Mitgliedstaaten vorzunehmen, um einen Vergleich und die Ermittlung der besten politischen Handhabungen auf EU-Ebene zu ermöglichen;
- die COVID-19-Pandemie unterstreicht die entscheidende Bedeutung der wirksamen Bekämpfung sozialer und gesundheitlicher Ungleichheiten in Europa. (JC)
https://population-europe.eu/policy-brief/demography-and-coronavirus-pandemic