Mit einer Zahl von über 200 Fällen ist Italien derzeit das vom Coronavirus am stärksten betroffene Land außerhalb Asiens. Ganze Städte im Norden des Landes wurden unter Quarantäne gestellt, Schulen geschlossen und öffentliche Veranstaltungen wie die letzten Tage des Karnevals von Venedig abgesagt.
Vor diesem Hintergrund will die Europäische Kommission 232 Mio. Euro für den weltweiten Kampf gegen das Virus aufbringen. Ein großer Teil des Hilfspakets soll in die Suche nach einem Impfstoff investiert werden: Rund 90 Mio. Euro sieht die Kommission dafür vor. Das Hilfspaket solle ferner die Arbeit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstützen sowie Ländern mit schwachen Gesundheitssystemen zugutekommen, erklärte der Kommissar für Krisenkoordination, Janez Lenarčič.
"Mit bereits mehr als 2.600 Toten haben wir keine andere Wahl, als uns in allen Bereichen vorzubereiten", so Lenarčič. Ein Teil des Geldes soll laut der Kommission ab sofort zur Verfügung gestellt werden, der Rest auf die kommenden Monate verteilt werden. Ziel sei es, die weltweite Zunahme der Coronavirus-Fälle einzudämmen, und zwar auch in den eigenen Mitgliedstaaten.
Lenarčič betonte, dass man die Reisefreiheit nach dem Schengen-Abkommen nicht einschränken wolle. Die Verhängung restriktiver Grenzmaßnahmen im Schengen-Raum falle in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Allerdings sollte jede Grenzbeschränkung auf einer gründlichen Risikobewertung und wissenschaftlichen Beratung basieren. Lenarčič und Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides betonten, dass es sich um eine verhältnismäßige und vor allem zwischen den verschiedenen Mitgliedsstaaten koordinierte Reaktion handeln müsse. Sie erklärten weiterhin, kein Mitgliedstaat habe der Kommission derzeit die Absicht mitgeteilt, Grenzmaßnahmen zu ergreifen.
Die italienische Regierung zögert jedoch, das Schengen-System ohne Grenzen auszusetzen. Premierminister Giuseppe Conte sagte, dass eine vorübergehende Wiedereinführung der Grenzkontrollen verheerende Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes haben würde. "Was machen wir mit Italien, ein Lazarett?", merkte er an. In einem Fernsehinterview sagte der französische Gesundheitsminister Olivier Veran, dass die Schließung der Grenzen zu Italien "keinen Sinn machen würde, da ein Virus nicht an den Grenzen Halt macht". Er fügte ferner hinzu, dass es in Italien keine wirkliche Epidemie gebe, da im Gegenteil die Gesundheitsbehörden Schritte unternommen haben, "um das Auftreten einer Epidemie zu verhindern".
Auf die Frage, ob die Kommission auf eine EU-weite Aussetzung des Schengen-Raums im Falle einer Eskalation der Situation vorbereitet sei, antwortete Lenarčič, dass die Kommission derzeit nicht daran arbeite, fügte aber hinzu, dass mehrere Notfallpläne und verschiedene Szenarien vorliegen.
„Wir müssen diese Situation ernst nehmen“, sagte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. Die Unionsbürger sollten aber „nicht in Panik verfallen“ und auf Desinformationen über die Krankheit hereinfallen. Der Fall Italien zeige, wie schnell sich der Virus ausbreiten könne, weshalb alle Mitgliedstaaten aufgerufen seien, die eigene Vorbereitung für den Ernstfall zu verstärken. Die Experten des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle (ECDC) seien gebeten worden, ihre Risikoanalyse von Anfang Februar zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren.
Kommissionspräsidentin von der Leyen erklärte, die internationale Gemeinschaft müsse im Kampf gegen das Virus zusammenarbeiten. Europa spiele dabei eine Führungsrolle. (SM/JC)