| Schutz von Frauen

Deutschland blockiert Richtlinie zu Gewalt gegen Frauen

Am 8. März 2022 legte die EU-Kommission einen Richtlinienvorschlag zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt vor. Nun stößt ein zentraler Teil der Regelung, die Einführung eines einheitlichen Tatbestands der Vergewaltigung, auf Widerstand.

Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission sollte Frauen besser vor Gewalt schützen und einheitliche Straftatbestände für weibliche Genitalverstümmelung, das unerlaubte Teilen von Nacktbildern, Cyberstalking und Zwangsehen einführen. Außerdem sollte er zu einem Ausbau der Präventionsmaßnahmen und der Hilfsangebote für Betroffene in den Mitgliedstaaten führen.

Umstritten ist bei den aktuellen Diskussionen vor allem die Definition von Vergewaltigung, die der Richtlinie zu Folge als nicht einvernehmliche sexuelle Handlung definiert wird (Artikel 5). Dies bedeutet, dass eine explizite Zustimmung erforderlich ist, wodurch das so genannte „Ja heißt Ja“-Prinzip zum europäischen Standard werden würde. Fehlende Gegenwehr oder Schweigen gelten hierbei nicht als Einwilligung. Die Richtlinie würde in 14 Ländern zu Verschärfungen des Strafrechts führen, unter anderem in Frankreich, Österreich und Italien.

Deutschland sieht in der Regelung eine Kompetenzstreitigkeit. Die EU darf nach dieser Auffassung nur dann regulatorisch das Strafrecht der Mitgliedstaaten ausgestalten, wenn es sich um bestimmte, grenzüberschreitende Fallkonstellationen handelt. Dazu zählen zum Beispiel Terrorismus, Korruption, aber eben auch sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern. Hierbei bezieht sich die deutsche Position auch auf eine 2011 verabschiedete Richtlinie, die Kinder besser vor sexueller Gewalt schützen sollte.

Für die EU-Kommission und das Europäische Parlament fällt sexuelle Gewalt unter sexuelle Ausbeutung, sowohl bei Kindern, als auch bei Frauen. Deutschland sieht Kinder jedoch als besonders schutzbedürftig und besteht weiterhin darauf, dass Ausbeutung nur Tatbestände wie Menschenhandel, Zwangsprostitution und Sklaverei einschließt. Neun weitere Mitgliedstaaten, darunter Frankreich, die Niederlande, Polen, Ungarn, Malta, Estland, Bulgarien, die Slowakei und die Tschechische Republik, bekunden ebenfalls Zweifel, ob die Richtlinie mit Europarecht vereinbar wäre, weswegen der Artikel entfallen soll.

Rat, EP und KOM sollen Ende Februar 2024 ein letztes Mal zum Trilog zusammenkommen. (MH)

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