| Weißbuch zu KI und Datenstrategie

Digitale Zukunft Europas

Mit der Digitalstrategie, dem Weißbuch für Künstliche Intelligenz und der Datenstrategie hat die Kommission jetzt die Pläne für ihr zweites Großvorhaben neben dem Green Deal vorstellt. Damit soll die „Gestaltung der digitalen Zukunft Europas“ angegangen werden, sagte die Präsidentin der europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, am 19. Februar 2020 bei der Vorstellung der neuen Initiativen im Digitalbereich. Eine europäische Führungsrolle bei Systemen der künstlichen Intelligenz und in der neuen Datenwirtschaft, ein digitaler Wandel, der allen Bürgerinnen und Bürgern zugutekommt, sowie digitale Technologien als Voraussetzung für den ökologischen Wandel und die Bekämpfung des Klimawandels sind das Ziel. Anders als bei vorhergehenden Veröffentlichungen will die Kommission bei letzterem allerdings nun auch im Sektor der Informations- und Kommunikationstechnologien selbst ansetzen: Rechenzentren und Telekommunikation sollen energieeffizienter werden, stärker auf erneuerbare Energie zurückgreifen und bis 2030 klimaneutral sein.

Die Digitalstrategie bildet den Rahmen, in dem die Kommission sich in den nächsten fünf Jahren bewegen will. Drei Hauptziele hat sie für diesen Zeitraum im Hinblick auf die Förderung und Nutzung digitaler Technologien formuliert:

  • Technologie im Dienste der Menschen,
  • eine faire und wettbewerbsfähige Wirtschaft
  • eine offene, demokratische und nachhaltige Gesellschaft.

Die Strategie enthält zudem einen Ansatz für die Entwicklung digitaler Technologien sowie für die Einsatzmöglichkeiten von Technologie zur Erreichung der Klimaziele. Die erforderlichen Investitionen sollen aus „Digitales Europa (DEP)“, der Fazilität „Connecting Europe 2“ und „Horizont Europa“ kommen. Die ersten beiden Säulen der Digitalstrategie sind das Weißbuch zur Künstlichen Intelligenz (KI) und die neue EU-Datenstrategie.

Beim Thema KI hat die Kommission jetzt auf das Instrument des Weißbuchs zurückgegriffen – angekündigt hatte Präsidentin von der Leyen im vergangenen Jahr allerdings, hierzu in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit legislative Vorschläge vorlegen zu wollen. In dem „Weißbuch zur künstlichen IntelligenzEin europäischer Ansatz für Exzellenz und Vertrauen“ macht die Kommission Vorschläge, in welchem Kontext die Entwicklung einer auf den Menschen ausgerichteten, vertrauenswürdigen KI vorangetrieben werden kann. Sie fußen gleichermaßen auf dem Koordinierten Plan für KI, den die Kommission Ende 2019 veröffentlicht hatte, wie auch auf den Empfehlungen für Ethik-Richtlinien der hochrangigen Gruppe für Künstliche Intelligenz, die diese im April 2019 veröffentlicht hatte und die im Sommer 2019 von Unternehmen getestet wurden. Die im Titel des Weißbuchs angekündigte Exzellenz will man erreichen, indem Forschung gebündelt, Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten gefördert und mehr Geld in die Entwicklung und Einführung von KI investiert wird. Das Vertrauen soll über einen geeigneten Rechtsrahmen entstehen. Dieser soll insbesondere dafür Sorge tragen, dass KI-Systeme mit hohem Risiko reguliert werden können, ohne dass weniger risikobehaftete Systeme unnötig belastet werden. Herausforderungen wie Verfälschungen in Algorithmen oder Trainingsdaten, die zu diskriminierenden Ergebnissen führen, soll mit Transparenz, Rückverfolgbarkeit sowie Kontrolle und Letztentscheidung durch Menschen begegnet werden. Die Vorstellung ist, dass Behörden „die von Algorithmen genutzten Daten ebenso prüfen und zertifizieren können, wie sie es bei Kosmetika, Autos und Spielzeug tun“. Hierfür identifiziert die Kommission einen Katalog von Hochrisiko-Bereichen; dazu gehören Gesundheit, Polizei oder Verkehr. Von der in einem durchgesickerten Vorentwurf aufgeworfenen Idee eines Moratoriums für den Einsatz von Gesichtserkennungstechnologien zum Zweck der Fernidentifikation ist die Kommission inzwischen wieder abgerückt, zeigt aber die engen Grenzen für ihre Anwendung auf: Die automatische Geschichtserkennung ist nach europäischem Recht derzeit grundsätzlich verboten und nur in hinreichend begründeten Ausnahmefällen und mit entsprechender gesetzlicher Grundlage nutzbar. Für welche Ausnahmen dies gelten soll, ist eine Debatte, die die Kommission mit dem Weißbuch ebenfalls anstoßen möchte. Zudem beschäftigt sich die Kommission mit der Frage der Haftung für Schäden, die durch KI verursacht werden, und will diese Frage ebenfalls zur öffentlichen Diskussion stellen.

Forschung und Innovation brauchen Daten. Unternehmen und öffentliche Stellen produzieren sie in immer größeren Maße. Die Kommission möchte dieses „Gold“ nun „schürfen“ und setzt hierfür auf die Schaffung eines „echten europäischen Datenraums“ mit Hilfe der neuen EU-Datenstrategie. In diesem Datenraum sollen ungenutzte Daten freigegeben und ein Sektor übergreifender EU-weiter Datenverkehr möglich werden. Gleichzeitig sollen die Sicherheit von Daten gewährleistet werden und Daten in hoher Qualität nutzbar sein. Sie sollen so besser zur Entwicklung von Produkten oder zur Verbesserung von öffentlichen Dienstleistungen genutzt werden können. Personalisierte Medizin, Pendlermobilität oder Klimaneutralität sind mögliche Einsatzbereiche. Um dies zu erreichen, schlägt die Kommission folgendes vor:

  • Schaffung eines geeigneten Rechtsrahmens für die Datenverwaltung, den Zugang zu und die Weiterverwendung von Daten zwischen Unternehmen, zwischen Unternehmen und Regierungen sowie innerhalb von Verwaltungen. Damit einhergehen soll unter anderem, dass Daten des öffentlichen Sektors in größerem Umfang zugänglich gemacht und werden und zur Weiterverwendung für Innovationen zur Verfügung stehen.
  • Beförderung von Investitionen in europäische Projekte mit hoher Auswirkung auf europäische Datenräume und vertrauenswürdige und energieeffiziente Cloud-Infrastrukturen. Dies soll zur Entwicklung der technologischen Systeme und Infrastrukturen der nächsten Generation führen.
  • Einleitung sektorspezifischer Maßnahmen für europäische Datenräume in bestimmten Bereichen, wie z.B. industrieller Fertigung, Green Deal, Mobilität oder Gesundheitswesen.
  • Verringerung der „digitalen Kluft“ zwischen den Bürgerinnen und Bürgern.
  • Prüfung, wie Bürgerinnen und Bürger besser kontrollieren können, wer auf ihre maschinell erzeugten Daten zugreifen kann.

Als nächste Schritte in Rahmen der Digitalstrategie kündigt die Kommission an, noch in diesem Jahr ein Gesetz über digitale Dienste, einen europäischen Aktionsplan für Demokratie und einen Aktionsplan für die Medien und den audiovisuellen Sektor vorzulegen, eine Überprüfung der eIDAS-Verordnung (electronic Identification, Authentication and trust Services) vorzuschlagen und die Cybersicherheit durch die Entwicklung einer gemeinsamen Cyber-Einheit zu stärken. In den Allianzen mit globalen Partnern soll die EU zudem das „europäische Digitalisierungsmodell international“ fördern.

https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_20_273

https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/qanda_20_264

Bis zum 19. Mai 2020 ist jetzt die Konsultation über das „Weißbuch zur künstlichen Intelligenz“ geöffnet: https://ec.europa.eu/eusurvey/runner/AIConsult2020?surveylanguage=EN.

Um Feedback erbittet die KOM zudem zur Datenstrategie: https://ec.europa.eu/eusurvey/runner/DataStrategy?surveylanguage=EN

Im Vorgriff auf die Veröffentlichung der Kommissionspläne hatte sich in der vergangenen Woche auch das Europäische Parlament mit dem Thema Künstliche Intelligenz befasst und in einer am 12. Februar 2020 angenommenen Entschließung insbesondere eine stärkere Kontrolle KI-getriebener Dienstleistungen sowie die Transparenz und Überprüfbarkeit algorithmischer Entscheidungsfindung gefordert.

https://www.europarl.europa.eu/news/en/headlines/society/20200206STO72030/artificial-intelligence-tackling-the-risks-for-consumers

In einer außerordentlichen Sitzung der Ausschüsse für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) und für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) hat der Kommissar für den Binnenmarkt, Thierry Breton, den Abgeordneten am Nachmittag des 19. Februar 2020 Rede und Antwort gestanden. (MK/CS)

http://www.emeeting.europarl.europa.eu/emeeting/committee/agenda/202002/ITRE?meeting=ITRE-2020-0219_1P&session=02-19-16-00

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