Das europäische Parlament (EP) hat am 8. Juli 2021 mit 529 zu 150 Stimmen und bei 14 Enthaltungen einen Entschließungsantrag angenommen, mit dem es die Kommission auffordert, alle potenziellen Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, die die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der Union beeinträchtigen können oder ernsthaft zu beeinträchtigen drohen, schnell zu untersuchen. Sollte die Kommission der Forderung nicht nachkommen, droht das EP mit einer Klage wegen Untätigkeit.
Das EP kritisiert, dass die Kommission beschlossen hat, an den unverbindlichen Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Dezember 2020 festzuhalten und die Anwendung der Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union bis zur Entwicklung von Anwendungsleitlinien hinauszuschieben. Es weist darauf hin, dass die Lage in einigen Mitgliedstaaten bereits ein sofortiges Tätigwerden rechtfertigt und zielt damit insbesondere auf die umstrittenen Gesetze zur Reform der Justiz in Polen und zum Verbot von Werbung über Homosexualität in Ungarn ab.
Die Abgeordneten kritisieren, dass die Kommission eine vom EP gesetzte Frist vom
1. Juni 2021 für die Anwendung der Verordnung und die Annahme der Leitlinien verpasst habe. Sie weisen darauf hin, dass das EP vor dem Europäischen Gerichtshof klagen werde, falls die Kommission nicht handele, und, dass das Parlament die notwendigen Vorbereitungen gemäß Artikel 265 des AEUV gegen die Kommission wegen Untätigkeit treffen werde.
Am 7. Juli 2021 sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im EP, die Kommission werde ihre Befugnisse nutzen, die sie als Hüterin der EU-Verträge habe, wenn Ungarn nicht sein Gesetz zum Verbot von Werbung über Homosexualität korrigiere. Das heißt, die Kommission wolle notfalls sogar gegen Ungarn vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. Dieses Gesetz sei schändlich, so von der Leyen, und widerspreche zutiefst den Grundwerten der EU. Bildungsprogramme zu Homosexualität oder Werbung von Großunternehmen, die sich mit Homosexuellen solidarisch erklären, sollen gemäß der neuen Regelung künftig verboten werden, ebenso wie Aufklärungsbücher zu dem Thema. (UV)