Yury Bykov, Zellbiologe und Juniorprofessor an der RPTU, will untersuchen, wie genau Proteine in Zellen agieren. Proteine werden von Zellen als Baustoffe und Maschinen benötigt. Um sie zu organisieren, laufen im Zellinneren Produktions- und Transportvorgänge ab. Grundsätzlich ist deren Funktionsweise bereits wissenschaftlich beschrieben – allerdings meist in vitro und nicht an lebenden Zellen. Hier will Bykov mit seinem Projekt „3-dimensional Organization and Functions of Translation in Organelle Proximity – 3DTOP“ ansetzen und untersuchen, wie das komplexe Zusammenspiel in lebenden Zellen erfolgt. Um dieses Forschungsvorhaben umsetzen zu können, erhält Bykov zusätzliche ERC-Mittel in Höhe einer halben Mio. Euro für ein hochmodernes Fluoreszenzmikroskop.
Johannes Wahl, Juniorprofessor im Department Chemie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, erhält den ERC-Grant zur Erforschung von Verfahren zu Herstellung neuer Moleküle, die unter anderem als Wirkstoffe in Arzneimitteln dienen könnten. Im Rahmen des Projektes „Molecular Editing by Nitrogen Insertion – NINSERT“ wird er mit seinem Team erforschen, entwickeln und testen, wie die Synthese von stickstoffhaltigen Verbindungen verbessert werden kann. Stickstoff („N“) ist das vorherrschende Element in der Luft und als Bestandteil von Proteinen für Lebewesen unverzichtbar. Stickstoff kommt aber auch in etwa 60 Prozent aller niedermolekularen Arzneimittel vor, dem größten Teil der zugelassenen Medikamente.
Die Molekularbiologin Sandra Schick ist Gruppenleiterin im IMB Mainz. Sie erhält einen „Starting Grant“ mit einer Gesamtfördersumme von gut zwei Mio. Euro zur Umsetzung des Forschungsprojektes „Tuning brain fate through modulation of chromatin remodelling“. Schick und ihre Gruppe werden hierin die regulatorischen Funktionen von BAF-Komplexen in der menschlichen Gehirnentwicklung und bei neurologischen Erkrankungen erforschen. Bei diesen Komplexen handelt es sich um Enzyme, die die „Verpackung“ der DNA kontrollieren. Mit der ERC-Förderung will die Gruppe die Rolle der einzelnen BAF-Untereinheiten in der menschlichen Gehirnentwicklung systematisch untersuchen und die molekularen Veränderungen entschlüsseln, die zu neurologischen Entwicklungsstörungen führen können.
Mit den „Starting Grants“ werden hervorragende Forschungsvorschläge von exzellenten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gefördert, die noch am Anfang einer unabhängigen wissenschaftlichen Karriere stehen, sich jedoch bereits durch eine vielversprechende wissenschaftliche Erfolgsbilanz auszeichnen. Die ERC‑Förderungen werden nach dem „Bottom-up“-Prinzip ohne vorgegebene Prioritäten vergeben; Anträge können in allen Forschungsgebieten eingereicht werden.
Starting Grants können bis zu 1,5 Mio. Euro für einen Zeitraum von fünf Jahren gewährt werden (bei Projekten mit kürzerer Laufzeit anteilig). Es können jedoch zusätzlich eine Mio. Euro zur Verfügung gestellt werden, um bspw. die Anschaffung von Großgeräten und/oder den Zugang zu Großanlagen und/oder andere wichtige Kosten für die Forschungsarbeiten zu decken.
Wie der ERC am 5. September 2024 mitteilte, wurden in dieser Auswahlrunde insgesamt 494 Starting Grants mit einer Gesamtfördersumme von fast 780 Mio. Euro vergeben. Die Projekte werden an Universitäten und Forschungszentren in 24 EU‑Mitgliedstaaten und assoziierten Ländern durchgeführt, 98 davon in Deutschland. Von den 3.474 Projektanträgen wurden über alle Forschungsbereich hinweg 14,2 Prozent für eine Förderung durch den ERC ausgewählt. Der ERC ist Teil des neunten Rahmenprograms der EU für Forschung und Innovation „Horizont Europa“. (MK)