Nach nur drei Monaten Amtszeit ist der Präsident des Europäischen Forschungsrats (ERC), Mauro Ferrari, in dieser Woche von seinem Amt zurückgetreten. Dem war ein einstimmiges Misstrauensvotum des ERC Scientific Council vorausgegangen. Der überraschende Rücktritt Ferraris hatte Spekulationen über die Hintergründe und einen erstaunlich öffentlichen Schlagabtausch ausgelöst.
Ferrari selbst hatte in einem zuerst von der „Financial Times“ veröffentlichten Statement massive Vorwürfe zum Umgang des ERC Scientific Council mit der Corona-Krise geäußert. Als Reaktion hierauf hatte der Scientific Council in einem ungewöhnlich deutlichen Statement seine Sichtweise dargelegt und die Aussagen Ferraris als „bestenfalls sparsam mit der Wahrheit“ bezeichnet. Als Hauptgründe für die Rücktrittsforderung nennt der Scientific Council insbesondere ein mangelndes Verständnis Ferraris für Auftrag und Funktionsweise des ERC sowie sein zu geringes Engagement aufgrund zahlreicher anderer wissenschaftlicher wie wirtschaftlicher Tätigkeiten.
Bereits unmittelbar nach dem Rücktritt Ferraris wurde berichtet, dass sich MdEP Christian Ehler (DE/EVP), Berichterstatter für Horizont Europa im Forschungsausschuss des Europäischen Parlaments, ähnlich lautend geäußert und die Darstellung Ferraris bezweifelt hatte. Die Europäische Kommission hat den Rücktritt Ferraris bestätigt und wird nun eine Auswahlkommission zur Benennung eines neuen Präsidenten einrichten. In der Zwischenzeit wird voraussichtlich einer der drei Vizepräsidenten die Aufgaben des Präsidenten kommissarisch übernehmen.
Ferrari war der vierte Präsident des ERC seit dessen Gründung 2007. Er war dem französischen Mathematiker Jean-Pierre Bourguignon am 1. Januar 2020 ins Amt gefolgt. Bourguignon hatte dem ERC sechs Jahre lang vorgestanden. (MK)
https://erc.europa.eu/news/resignation-mauro-ferrari-%E2%80%93-statement-scientific-council
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