Die Kommission hat am 6. Oktober 2020 ihre jährlichen Fortschrittsberichte zu den Erweiterungsverhandlungen vorgestellt. Darin werden grundlegende Reformen in den verschiedenen Westbalkanländern und der Türkei bewertet. Insgesamt zeigen die Berichte, dass die Rechtsstaatlichkeit sowohl im Westbalkan als auch in der Türkei weiterhin eine große Herausforderung darstellt.
Für den Westbalkan konstatiert die Kommission in ihren Berichten, dass glaubwürdige Fortschritte im Bereich der Rechtsstaatlichkeit – häufig aufgrund eines Mangels an politischem Willen – nach wie vor eine große Herausforderung darstellen. In der gesamten Westbalkanregion vollzieht sich der Wandel der Justizkultur nur langsam und ohne ausreichendes Engagement für den Grundsatz der Unabhängigkeit der Justiz. Insgesamt hat sich das Tempo bei der Korruptionsbekämpfung verlangsamt, und die Erfolgsbilanz der meisten Länder ist weit davon entfernt, die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft zu erfüllen. Im Bereich der Meinungsfreiheit und des Medienpluralismus waren im vergangenen Jahr die geringsten Fortschritte zu verzeichnen.
Obwohl die Türkei weiter als wichtiger Partner der Europäischen Union angesehen wird, stellt die Kommission klar, dass sich die Türkei weiter von der Europäischen Union entfernt hat. In den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte und Unabhängigkeit der Justiz ist es zu gravierenden Rückschritten gekommen. Wie der Rat 2018 und 2019 festgestellt hat, sind die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei praktisch zum Stillstand gekommen, sodass die Eröffnung oder der Abschluss weiterer Kapitel nicht in Betracht gezogen werden kann. In dem Kommissionsbericht wird bestätigt, dass trotz wiederholter Bekenntnisse zum Ziel des EU-Beitritts seitens der türkischen Regierung die Fakten, die die Kommission zu dieser Bewertung kommen lassen, weiterhin fortbestehen. Außerdem wird ausführlich dargelegt, wie die Außenpolitik der Türkei zunehmend zu den Prioritäten der EU zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) Widerspruch steht.
Darüber hinaus hat die Kommission am gleiche Tag einen umfassenden Wirtschafts- und Investitionsplan für den Westbalkan angenommen. Er zielt ab auf eine langfristige Erholung der Region, eine grüne und eine digitale Wende, die Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit in der Region, die Förderung des Wirtschaftswachstums und die Unterstützung der für weitere Fortschritte auf dem Weg in die EU erforderlichen Reformen vorangetrieben werden sollen. (UV)
Link zum Erweiterungsbericht 2020:
Link zum Türkeibericht:
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/country_20_1791