Am Montag, den 28. Oktober 2019 haben die EU-Botschafter aller 27 Mitgliedstaaten einem Aufschub des Brexits bis zum 31. Januar 2020 zugestimmt. Diesem Beschluss müssen zwar das Vereinigte Königreich und die EU-Mitgliedstaaten in den nächsten Tagen noch formal zustimmen, diese gilt jedoch als sehr wahrscheinlich. Auch Frankreich hat nach Telefonaten zwischen Premierminister Johnson und Präsident Macron vergangenes Wochenende einer Verlängerung der Austrittsfrist zugestimmt.
Das Europäische Parlament begrüßte die Gewährung der Verlängerung, wie Parlamentspräsident Sassoli verlauten ließ. Ein ungeregelter Austritt zum 31. Oktober 2019 scheint somit zunächst einmal abgewendet. Die Neuverhandlung des Austrittsabkommens ist jedoch ausgeschlossen.
Mit dieser Verlängerung bleibt das Vereinigte Königreich ein vollwertiges Mitglied der Europäischen Union bis zum 31. Januar 2020 und muss daher nun auch einen Kandidaten für die Kommission von der Leyens nominieren. Wenn die EU und das Vereinigte Königreich schon vor dem 31. Januar 2020 ein Austrittsabkommen ratifizieren, kann der Brexit auch schon früher, jeweils zum 1. des Monats vollzogen werden. Nach aktuellem Stand der Dinge scheint dies jedoch sehr unwahrscheinlich.
Derweil hat in London das britische Unterhaus am Abend des 29.Oktober 2019 Neuwahlen zugestimmt. Nach vielem Hin und Her und einer zunächst gescheiterten Abstimmung unter dem 2011 beschlossenen Fixed-term Parliaments Act sprach sich am Ende auch die Opposition für Neuwahlen aus. Das Gesetz wurde mit 438 zu 20 Stimmen angenommen.
Die Neuwahlen werden am Donnerstag, den 12. Dezember 2019 stattfinden. Eine Parlamentswahl im Dezember – das geschah im Vereinigten Königreich das letzte Mal vor über 100 Jahren. Ob sich dieser Termin negativ auf die Wahlbeteiligung auswirken wird, ist noch nicht abzusehen. Noch ungewisser ist jedoch, ob die Wahl auch zu den erhofften stabileren Mehrheitsverhältnissen im Parlament führen wird.
Die Tories liegen nach Umfragewerten zwar momentan vorne, jedoch könnte Johnsons nicht eingehaltenes Versprechen, den Brexit unter allen Umständen zum 31. Oktober 2019 zu vollziehen, seiner Partei geschadet haben. Die Labour Party unter dem eher unpopulären Jeremy Corbyn und der diffusen Positionierung zum Brexit wird wohl nicht die Mehrheit auf sich vereinen können. Zudem sind Zugewinne für die Liberalen als Brexitgegner wahrscheinlich. Stabilere und ruhigere Zeiten sind daher vorerst nicht zu erwarten. Experten prophezeien einen sehr schmutzigen Wahlkampf.
EU-Ratspräsident Tusk warnte die Briten angesichts dieser Entwicklungen, dass der am 28. Oktober 2019 gebilligte Aufschub der letzte sein könnte und forderte, dass die verbleibende Zeit konstruktiv genutzt werden müsse. (KH)