| Green Deal

EU-Betriebsräte fordern mehr Mitbestimmung für einen gerechten Übergang

Derzeit herrscht Verunsicherung in der europäischen Industrie, insbesondere im Hinblick auf den Green Deal. Norbert Steinert, Vorsitzender des EU-weiten Betriebsrats der HeidelbergCement AG, erklärt, man arbeite zwar an der Verringerung des ökologischen Fußabdrucks, an Forschung zur Kohlenstoffabscheidung und an neuen Wegen zur Herstellung von Zement sowie am Kauf von Kohlenstoffkrediten. Doch das Ziel des Green Deals, bis 2050 klimaneutral zu werden, lasse das Unternehmen bisher weitgehend im Ungewissen, insbesondere was den Verlust von Arbeitsplätzen betrifft.

Der Fonds für einen gerechten Übergang sieht ein Budget für die Umschulung von Arbeitnehmenden vor, die von Arbeitsplatzverlusten betroffen sind. Zusätzliche Mittel für die Ausbildung stehen im Europäischen Sozialfonds (ESF) und im Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) zur Verfügung. Allerdings steht im Green Deal nichts über die Rechte der Arbeitnehmenden. „Wir müssen alle einbezogen werden“, macht Aline Cochon von IndustriAll Europa unmissverständlich klar. Die EU-Kommission sollte sich ihrer Meinung nach auf die Diskrepanzen in der Mitbestimmung der Arbeitnehmenden unter den Mitgliedstaaten konzentrieren oder zumindest einen gewissen Mindeststandard garantieren.

In der EU herrschen derzeit noch ungleiche Mitspracherechte. In Deutschland sind Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten verpflichtet, die Hälfte der Sitze im Aufsichtsrat des Unternehmens für Arbeitnehmervertretende zu reservieren. Elf weitere EU-Länder haben ähnliche Garantien, sowohl für privatwirtschaftliche als auch für staatliche Unternehmen. In Ländern wie Polen, Spanien und der Tschechischen Republik gibt es derartige Regelungen aber nur für staatliche Unternehmen; in Italien, Belgien und Estland (sowie weiteren Mitgliedstaaten) ist die Arbeitnehmervertretung in den Aufsichtsräten auf einige wenige Ausnahmen an Mitbestimmungsrechten beschränkt.

Auf europäischer Ebene wurde 1994 durch eine Richtlinie die Einrichtung von EU-weiten Betriebsräten möglich gemacht. In diesen „European Works Councils“ (EWCs) kommen die Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter aus allen europäischen Ländern zusammen, in denen ein Unternehmen tätig ist. Die zentrale Unternehmensleitung unterrichtet diese Vertretenden dann über Themen, die die transnationalen Aktivitäten des Unternehmens betreffen. Bei diesen multinationalen Unternehmen wirken sich jedoch die Unterschiede in der nationalen Gesetzgebung weiterhin auf die Mitwirkung der Arbeitnehmenden und die Wirksamkeit der EWCs aus.

Heinz-Georg Webers, Vorsitzender des Betriebsrats Bergkamen der Bayer AG, betont, dass er als Deutscher zwar die Befugnis habe, mit seiner (also mit der deutschen) Unternehmensleitung zu verhandeln, dies aber nicht mit seinen Kolleginnen und Kollegen im gesamten Block der Fall sei: „Ich vermute, wenn Aktionen außerhalb Deutschlands angestoßen werden, gehen sie anders aus“, sagt er. (JAC)

https://www.euractiv.de/section/eu-innenpolitik/news/wie-wollen-wir-arbeiten-eu-betriebsraete-fordern-gerechten-uebergang-mitbestimmung/?utm_source=EURACTIV&utm_campaign=22f38e2f47-RSS_EMAIL_DE_AM_TaglicheNewsAusEuropa&utm_medium=email&utm_term=0_c59e2fd7a9-22f38e2f47-115003823

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