Die Richtlinie fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, die Angemessenheit ihrer Mindestlöhne mit entsprechenden Verfahren sicher zu stellen und kontinuierlich an sich verändernde Umstände, wie etwa eine steigende Inflation, anzupassen. Als Referenzwert für die Angemessenheit gelten 60 Prozent des nationalen Bruttomedianlohns oder 50 Prozent des Bruttodurchschnittslohns. Diese Schwellenwerte übersteigen die aktuellen Mindestlöhne der meisten EU-Mitgliedstaaten, so dass mit deren Anstieg in den kommenden Jahren zu rechnen ist.
Unterdessen mahnen die Gewerkschaften angesichts der rasant steigenden Lebenskosten für eine rasche Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten: „Es gibt absolut keine Entschuldigung dafür, dass die Mitgliedstaaten zwei Jahre warten, um angemessene Löhne zu zahlen. Die Lebenskostenkrise erfordert, dass die Regierungen den am schlechtesten bezahlten Arbeitnehmern sofort helfen“, so Esther Lynch vom Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB).
Die Europäische Kommission hatte die Richtlinie erstmals im Oktober 2020 als Teil ihres Engagements für ein sozialeres Europa vorgeschlagen. Nach Verhandlungen im Europäischen Parlament (EP) und zwischen den Regierungen der Mitgliedstaaten wurde im Juni 2022 ein endgültiger Text vereinbart. Da das EP Mitte September auch formell zugestimmt hat ist die Richtlinie mit dem Beschluss des Rates nun endgültig verabschiedet. (VS)