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EuGH weist Naturschutzklage gegen Bayern zurück

Der EuGH hat am 22. Februar 2022 (Az. C 300/20) entschieden, dass der Erlass einer nationalen Maßnahme zum Schutz von Natur und Landschaft wie der Verordnung des Landkreises Rosenheim vom 10. April 2013 über das Landschaftsschutzgebiet „Inntal Süd“ grundsätzlich kein Plan sei, der einer Umweltprüfung nach EU-Recht unterzogen werden muss.
Naturschutzgebiet. Quelle: Wikipedia

Der Bund Naturschutz in Bayern (BN), eine Umweltschutzvereinigung, hatte gegen den Landkreis Rosenheim vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit der Begründung geklagt, dass der Landkreis mit der „Inntal Süd-Verordnung“ die bisher geltende Landschaftsschutzverordnung hinsichtlich des räumlichen Anwendungsbereich erheblich verkleinert und zugleich die Schutzvorschriften zulasten von Natur und Landschaft abgeschwächt habe. Der Landkreis hätte nach dem Dafürhalten des BN vor Erlass der Verordnung eine Umweltprüfung durchführen müssen.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies den Antrag als unzulässig ab, woraufhin der Klageführer gegen die Entscheidung Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) einlegte. Zur Entscheidung des Rechtsstreits wandte sich das BVerwG im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens an den EuGH, zur Klärung der Frage, ob der Landkreis Rosenheim vor dem Erlass der Verordnung verpflichtet gewesen wäre, eine Umweltprüfung im Sinne der Richtlinie 2001/42 nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. a) oder – alternativ – nach Art. 3 Abs. 4 vorzunehmen. Dabei ging das BVerwG von der Prämisse aus, dass es sich bei der genannten Verordnung um einen Plan oder ein Programm im Sinne des Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42 handelt. 

In seiner Entscheidung stellte der EuGH zunächst fest, dass es sich bei der in Streit stehenden Verordnung um einen Plan oder ein Programm im Sinne von Art. 2 a) der Richtlinie 2001/42 handelt. Weiter führt er aus, dass der Landkreis zum Erlass dieser Verordnung auch durch das nationale Naturschutzrecht ermächtigt ist.

Anschließend erörtert der Gerichtshof die Frage, ob die Verordnung vom Geltungsbereich des Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2001/42 umfasst ist. Dafür müssten zwei Voraussetzungen kumulativ vorliegen. Die in der Verordnung normierten Pläne oder Programme müssten einen in der Richtlinie erfassten Bereich (bspw. Landwirtschaft) betreffen und die Genehmigungsvoraussetzungen für künftige Projekte, die der Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen, müssten grob skizziert werden. Der EuGH bejaht das Vorliegen der ersten Voraussetzung, wobei er die zweite Voraussetzung als nicht erfüllt ansieht. Dies begründet er damit, dass die „Inntal-Süd-Verordnung“ lediglich allgemeine Ziele des Landschaftsschutzes formuliere. Detaillierte Kriterien oder Modalitäten für die Durchführung oder Genehmigung zukünftiger Projekte seien kein Bestandteil der Verordnung. Hieraus folgert der EuGH, dass keine vorherige Umweltprüfung nach Art. 3 Abs. 2 a) der Richtlinie 2001/42 von Nöten gewesen wäre.

Das Gericht entschied außerdem, dass die „Inntal-Süd-Verordnung“ auch nicht vom Regelungsbereich des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2001/42 erfasst sei. Sofern Projekte oder Pläne nicht unter Abs.2 der Richtlinie fallen, steht es den Mitgliedsstaaten offen, darüber zu befinden, ob diese voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Allein die Formulierung allgemeiner Verbotstatbestände und Erlaubnispflichten ohne hinreichen konkretisierte Regelungen über Inhalt, Ausarbeitung und Durchführung der Projekte, reiche nach Auffassung des Gerichts für die Anwendung des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie nicht aus.

Mit der Entscheidung des EuGH vom 22. Februar 2022 liegt der Ball nun wieder beim Bundesverwaltungsgericht. Dieses muss nun – unter Berücksichtigung der Erwägungen des EuGH – über den Erfolg der Revision des BN entscheiden. (KH)

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