Am 31. Januar 2020 wurde in mehreren europäischen Medien unter dieser Überschrift ein offener Brief der Präsidentin und der Präsidenten der europäischen Institutionen, Ursula von der Leyen (Kommission), Charles Michel (Rat) und David Sassoli (Parlament) veröffentlicht. Die deutsche Presse hat ihn noch nicht im Wortlaut publiziert, er liegt bisher offiziell auch nur in englischer und französischer Sprache vor.
Schon die Sitzung des Europäischen Parlaments (EP) am 29. Januar 2020 war von einer hohen Emotionalität geprägt. Daran schließt der offene Brief vordergründig nahtlos an. „Wenn heute die Nacht kommt, dann geht die Sonne nach über 45 Jahren der Zugehörigkeit des Vereinigten Königreichs zur EU unter. Für uns, die Präsidentin und die Präsidenten der drei wichtigsten europäischen Institutionen der EU, wie für viele andere Menschen ist dieser Tag unausweichlich ein Tag des Rückblicks und der gemischten Gefühle“, so die ersten Sätze.
Nach einer Würdigung der Gesamtleistung des Vereinigten Königreichs als Mitglied der EU finden die Autoren beim Blick nach vorne aber auch deutliche Worte an Großbritannien, an die 27 verbleibenden Mitgliedstaaten sowie Verbündete und Partner in der Welt.
Mit Blick auf die künftigen Beziehungen zum Vereinigten Königreich unterstreichen von der Leyen, Michel und Sassoli, dass der freie Kapital- und Zahlungsverkehr, der freie Warenverkehr und der freie Dienstleistungsverkehr nicht von der Personenfreizügigkeit getrennt werden können. Sie erneuern die Aussage, dass Großbritannien nicht die Vorteile eines EU-Mitglieds behalten könne, ohne länger EU-Mitglied zu sein. Einige der Verbindungen, die die EU und das Vereinigte Königreich über fünf Jahrzehnte hinweg minuziös geknüpft hätten, müssten daher in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren gelockert werden. Zugleich unterstreichen sie den Willen zur künftigen engen Zusammenarbeit in der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Unter Verweis auf die gemeinschaftlichen Werte werde die EU, so die Präsidentin und die beiden Präsidenten, auch weiterhin ihre Kräfte für die gemeinsame Vision bündeln. Der Satz „Im Zeitalter der Konkurrenz zwischen den großen Mächten und der geopolitischen Turbulenzen, […] und der zunehmenden Kakophonie ist die Größe ein bedeutender Faktor“ kann auch als Warnung an die Mitgliedstaaten verstanden werden, die es Großbritannien eventuell gleichtun wollten. Nur eine geeinte Union der dynamischen Demokratien, deren Bürgerinnen und Bürger entschlossen die Interessen und Werte Europas auf der Weltbühne fördern, werde die notwendige (wirtschaftliche) Macht im Zusammenspiel mit den USA, Afrika, China oder Indien haben.
Das Schreiben schließt ähnlich emotional wie es begonnen hat: „Wenn die Sonne morgen früh aufgeht, wird dieses Werk fortgeführt.“ (jbs)