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Europäische Sanktionen gegen Russland

Bereits kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine trafen sich die Staats- und Regierungschefs am 24./25. Februar 2022 zu einer außerordentlichen Sitzung des Europäischen Rates. Bei diesem Treffen konnten sich die europäischen Spitzen auf ein zweites Sanktionspaket einigen, nachdem die EU erst am 23. Februar 2022 ein erstes Sanktionspaket verabschiedet hatte, das sich gezielt gegen Personen und Unternehmen richtete, die am völkerrechtswidrigen Vorgehen gegen die Ukraine beteiligt sind. Mit dem Sanktionspaket II wurden nochmals härtere Maßnahmen ergriffen. Die Sanktionen forcieren die Bereiche Energie, Finanzen und Transport, Exportkontrollen und Visabeschränkungen.
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In seinen Schlussfolgerungen kritisiert der Europäische Rat das Vorgehen Russlands scharf. Es handele sich um einen massiven Völkerrechtsverstoß und eine Gefährdung von Frieden und Sicherheit in Europa und weltweit. Für den Angriff eines souveränen Staates müsse Russland zur Rechenschaft gezogen werden. Auch forderten die Staats- und Regierungschefs Russland auf, militärische Handlungen unverzüglich einzustellen und die Souveränität der Ukraine zu achten. Ebenso sollen Desinformationskampagnen, Cyberangriffe und Völkerrechtsbrüche unterlassen werden. Der Europäische Rat bekundet seine Solidarität mit dem ukrainischen Volk. Von den bewaffneten russischen und prorussischen Truppen wird verlangt, den bedürftigen und verletzten Ukrainern einen Zugang zu humanitärer Hilfe zu gewähren. Zudem sichert der Europäische Rat der Ukraine zusätzliche politische, finanzielle, humanitäre und logistische Unterstützung zu. Es solle außerdem eine Geberkonferenz für die Ukraine stattfinden.

Ferner wird die Beteiligung von Belarus an den militärischen Angriffen kritisiert und der Staat wird aufgefordert weitere Angriffe zu unterlassen. Die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit der Ukraine wird von der EU rückhaltlos unterstützt. Die internationale Staatengemeinschaft wird aufgefordert, die zwei selbst proklamierten separatistischen Gebiete nicht anzuerkennen, zu unterstützen oder zu ermächtigen. Der Europäische Rat versichert gemeinsam mit seinen Partnern und Verbündeten, die Souveränität und territoriale Unversehrtheit Georgiens und Moldaus zu schützen und unterstützen zu wollen. Genauere Ausführungen zu den Sanktionen enthielten die Schlussfolgerungen nicht.

Durch die verabschiedeten Sanktionen hinsichtlich des Finanzsektors soll russischen Banken der Zugang zum EU-Finanzmarkt verwehrt werden. Das Refinanzierungsverbot, mit dem bisher fünf russische öffentliche Einrichtungen sanktioniert wurden, soll auf zwei weitere Privatunternehmen ausgeweitet werden. Des Weiteren wurde ein Verbot ausgesprochen, das den Handel mit Aktien von russischen Staatsunternehmen untersagt. Zudem sollen Finanzströme zwischen Russland und der EU unterbunden werden. Die Annahme neuer Einlagen aus Russland von über 100.000 EUR in EU-Banken, das Führen russischer Konten durch EU-Zentralverwahrer und der Verkauf von auf Euro-laufenden Wertpapieren an russische Staatsangehörige und Gebietsansässige wird verboten.

Die vereinbarten Sanktionen im Handel- und Transportsektor treffen u.a. den russischen Luftverkehr. Hierzu werden europäische Unternehmen aufgefordert, die Versorgung mit Flugzeugen, Ersatzteilen und neuen Technologien zu unterlassen. Ebenso dürfen keine Dual-Use-Güter sowie militärische Techniken nach Russland verbracht werden. Der Zugang Russlands zu wichtigen Technologien wie Halbleitern oder modernster Software wird beschränkt. Das Handelsembargo umfasst ebenso die selbsternannten Volksrepubliken.

Im Energiesektor wurde ein Ausfuhrverbot bestimmter Raffinerietechnologien aus der EU nach Russland beschlossen. 2019 konnte Russland mit der Ausfuhr von raffiniertem Öl Exporteinnahmen in Höhe von 24 Mrd. EUR erzielen.

Die Visafreiheit für Inhaber russischer Diplomatenpässe und die Visaerleichterungen für russische Beamte mit Dienstpässen wird ausgesetzt.

Am 28. Februar 2022 wurden diese Sanktionen abermals angepasst (Sanktionspaket III) und umfassen nunmehr über 690 Einzel- und 56 juristische Personen. Die restriktiven Maßnahmen setzen sich aus dem Einfrieren von Vermögenswerten und einem Bereitstellungsverbot zusammen, d.h. den sanktionierten Personen dürfen weder direkt noch indirekt Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Zudem unterliegen gelistete natürliche Personen einem EU-Einreise- und Durchreiseverbot. Die neue Listung umfasst Oligarchen und Geschäftsleute, die im Öl-, Bank- und Finanzsektor tätig sind, weitere Regierungsmitglieder sowie hochrangige Militärvertreter und Propagandisten.

Als weitere Sanktion wurde ein partieller Ausschluss der russischen Zentralbank sowie weiterer russischer Geschäftsbanken vom Zahlungsdienstleistungs- und Banken-Kommunikationsnetz SWIFT vorgenommen. Transaktionen der russischen Zentralbank werden untersagt. Damit wird die Nutzung eines großen Teils der Währungsreserven Russlands zur Stabilisierung des Rubel-Wechselkurses und zur Stützung in Schieflage geratener Banken und Unternehmen verhindert.

Ebenso hat Deutschland mit anderen europäischen Ländern seinen Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt. Diese Sperrung betrifft auch Flugzeuge, die zwar nicht in Russland registriert sind, dennoch von natürlichen oder juristischen Personen aus Russland kontrolliert werden.

Finanzielle Unterstützung erfährt die Ukraine durch zwei Maßnahmen im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität (EFF), die zur Stärkung der Fähigkeiten und der Resilienz der ukrainischen Streitkräfte beitragen werden, um die territoriale Unversehrtheit und Souveränität des Landes zu verteidigen und die Zivilbevölkerung vor der anhaltenden militärischen Aggression zu schützen. Mit diesen Unterstützungsmaßnahmen in Höhe von insgesamt 500 Mio. EUR soll die Lieferung von Ausrüstung und Material für die ukrainischen Streitkräfte – darunter erstmals auch tödliche Ausrüstung – finanziert werden. (AR)

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