Da die Ukraine und Russland zu den größten Exporteuren von Weizen gehören, besteht derzeit weltweit eine Knappheit an Weizen. Laut Kommission sind die Weizenpreise seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine um bis zu 70 Prozent gestiegen. Auch bei Mais, Gerste und Sonnenblumenöl besteht Knappheit. Daher schlägt die Kommission in ihrer Mitteilung zur Ernährungssicherheit einerseits ein Soforthilfeprogramm für die Ukraine in Höhe von 330 Mio. Euro vor, mit dem die Bevölkerung mit grundlegenden Gütern und Dienstleistungen versorgt werden soll. Darüber hinaus wird sich die EU weiterhin für die Vermeidung von Ausfuhrbeschränkungen und -verboten für Lebensmittel einsetzen. Auf internationaler Ebene wird die EU andererseits ihr Engagement in internationalen und multilateralen Gremien, wie FAO, WTO und G7, zur Koordinierung der politischen Maßnahmen fortsetzen. Darüber hinaus hat die EU humanitäre Hilfe für die am stärksten von Ernährungsunsicherheit betroffenen Regionen und Bevölkerungsgruppen auf insgesamt 2,5 Mrd. Euro im Zeitraum 2021-2024 zugesagt.
Um den Verbrauchern und Landwirtinnen in der EU zu helfen, schlägt die Kommission vor, dass Mitgliedstaaten ermäßigte Mehrwertsteuersätze einführen können. Mit direkten finanziellen Hilfen in Höhe von insgesamt 500 Mio. Euro sollen die landwirtschaftlichen Erzeugerinnen und Erzeuger in der EU unterstützt werden, die am stärksten von den Folgen des Ukraine-Kriegs betroffen sind. Davon sind 60 Mio. Euro für Deutschland vorgesehen. Außerdem wird es den Mitgliedstaaten ermöglicht, Mittel aus dem Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (FEAD) in Anspruch zu nehmen und damit Maßnahmen zur Unterstützung der schutzbedürftigsten Gruppen mit Nahrungsmitteln oder materieller Basisversorgung zu unterstützen. Für die landwirtschaftlichen Produzentinnen und Produzenten schlägt die Kommission erhöhte Vorschüsse auf Direktzahlungen sowie auf flächen- und tierbezogene Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums für Landwirte ab dem 16. Oktober 2022 vor. Der Schweinemarkt soll durch Marktsicherheitsmaßnahmen gestützt werden. Ausnahmsweise und zeitlich befristet soll zudem die Bewirtschaftung von Brachflächen erlaubt werden. Damit sollen die Produktionskapazitäten der EU trotz der begrenzten Verfügbarkeit von fruchtbarem Land erweitert werden. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten für den landwirtschaftlichen Sektor den neuen vorübergehenden Beihilferahmen zur Bewältigung der Ukrainekrise (siehe gesonderter Beitrag) nutzen, der auch staatliche Beihilfen für Landwirtinnen und Landwirte vorsieht, die von einem erheblichen Anstieg der Betriebsmittelkosten betroffen sind.
Insgesamt weist die Kommission darauf hin, dass die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln in der EU derzeit nicht gefährdet sei, da der Kontinent bei vielen landwirtschaftlichen Erzeugnisse weitgehend autark sei. Nettoimporteur sei Europa jedoch bei Eiweißfuttermittel. Die durch den Ukrainekrieg bedingten hohen Betriebsmittelkosten, z. B. für Düngemittel und fossile Energieträger, stellen die Landwirtschaft aber vor große Herausforderungen und bergen die Gefahr steigender Lebensmittelpreise. Deshalb betont die Kommission, dass die Nachhaltigkeit von Lebensmitteln ein integraler Bestandteil der Ernährungssicherheit darstelle. Bei der Umsetzung der notwendigen Übergangsmaßnahmen gemäß der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und der Biodiversitätsstrategie wird die Kommission im Rahmen langfristiger Maßnahmen zur Ernährungssicherheit sicherstellen, dass die Gesamtproduktivität der EU-Landwirtschaft nicht beeinträchtigt wird. Um Abhängigkeiten langfristig abzubauen, stehen über das europäische Forschungsprogramm Horizont Europa Fördermöglichkeiten zur Verfügung, um etwa Kunstdünger zu ersetzen. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Möglichkeiten in den GAP-Strategieplänen für den Zeitraum 2023–2027 zu nutzen. (UV)