Ein weiterer Schwerpunkt war die Wettbewerbsfähigkeit Europas. Bei dem Treffen wurde zwar die Bereitschaft bekräftigt, die Ukraine weiterhin finanziell zu unterstützen, eine Einigung zur Nutzung der eingefrorenen russischen Vermögen wurde aber nicht erzielt. Die Europäische Kommission (KOM) wurde lediglich aufgefordert, zu diesem Thema bis zum nächsten Gipfeltreffen im Dezember 2025 neue Vorschläge vorzulegen.
Nach intensiven Verhandlungen über die mögliche Verwendung von in der EU eingefrorenen russischen Vermögenswerten für die Ukraine konnten sich die Staats- und Regierungschefs nur auf einen Minimalkompromiss verständigen. In der Abschlusserklärung zur Ukraine heißt es, die russischen Vermögenswerte sollen so lange eingefroren bleiben, bis Russland die durch seinen Krieg verursachten Schäden kompensiert. Die Gipfelerklärung bleibt damit hinter der ursprünglich anvisierten Einigung zurück. Geplant war, die KOM konkret damit zu beauftragen, eine rechtssichere Umsetzung des Vorhabens zu erarbeiten. Jetzt wird die KOM aufgefordert, bis zum nächsten Treffen des Europäischen Rates am 18. Dezember 2025, neue Vorschläge vorzulegen, die die bestehenden Bedenken berücksichtigen. Die KOM hatte im September 2025 vorgeschlagen, rund 140 Mrd. Euro russischer Zentralbankgelder, die in Belgien eingefroren sind, für Kredite an die Ukraine zu nutzen. Russland sollte demnach erst dann wieder auf das Geld zugreifen können, wenn es Reparationszahlungen an die Ukraine leistet. Haften würden zunächst die Mitgliedstaaten für das Geld. Insbesondere Belgien machte jedoch massive rechtliche Bedenken geltend. Regierungschef Bart De Wever warnte vor den finanziellen und juristischen Risiken, denen die belgische Wertpapierverwahrstelle Euroclear ausgesetzt wäre, sollte Russland rechtliche Schritte einleiten. Außerdem bestünde die Gefahr, dass chinesische Investoren wegen mangelnder Rechtssicherheit dazu veranlasst würden, ihre Einlagen bei Euroclear abzuziehen. Dem Vernehmen nach zeigten auch andere Mitgliedstaaten Verständnis für die belgischen Bedenken.
In seiner Abschlusserklärung zum Thema Verteidigung und Sicherheit bekannte sich der Rat im Großen und Ganzen zu einem Vorschlag der KOM, der unter anderem den Aufbau einer effizienten Drohnenabwehr vorsieht. Die EU reagiert damit auf das Eindringen russischer Drohnen und Kampfflugzeuge in den europäischen Luftraum sowie vermehrt auftretender Drohnensichtungen in mehreren Mitgliedstaaten in der jüngsten Vergangenheit. Um die Kapazitäten der europäischen Verteidigungsindustrie aufzustocken, sind nach Auffassung des Rates weitere Investitionen von entscheidender Bedeutung. In diesem Zusammenhang forderten die EU-Führungsspitzen, die Ausrichtung der Investitionen im Verteidigungsbereich auf eine gemeinsame Entwicklung, Produktion und Beschaffung sowie die weitere Integration des europäischen Marktes für Verteidigungsgüter.
Darüber hinaus beriet der Rat eingehend darüber, wie die Wettbewerbsfähigkeit der EU gestärkt werden kann, wobei der Schwerpunkt auf der Vereinfachung und dem grünen und digitalen Wandel lag. Konkret fordert er in der Gipfelerklärung weniger und einfachere Vorschriften für Unternehmen. Verwaltungs-, Regulierungs- und Berichtspflichten für Unternehmen und öffentliche Verwaltungen müssten dringend und drastisch reduziert werden. Die bisherigen Bemühungen der KOM in dieser Richtung hob der Rat positiv hervor. Er bat die KOM, rasch weitere ehrgeizige Vereinfachungspakete vorzulegen und nannte diverse Ansatzpunkte: Die Automobilindustrie soll davon profitieren, genau wie der Finanzdienstleistungssektor und die Lebensmittelbranche. Auch Chemie- und Pharmaindustrie sollen durch weniger Auflagen wettbewerbsfähiger werden. Die KOM soll demnach auch erwägen, ganze Gesetzesvorschläge wieder zurückzuziehen. Außerdem wird auf die Bedeutung des EU-Binnenmarkts für die Erhaltung von Europas Wohlstand und Sozialmodell hingewiesen. In diesem Zusammenhang forderte der Rat die KOM und das Europäische Parlament auf, Fortschritte bei der Umsetzung der Binnenmarktstrategie bis 2028 zu erzielen.
Als weitere Punkte stand die Situation im Nahen Osten, die Migration, die Schaffung von Wohnraum und der souveräne digitale Wandel auf der Tagesordnung. Ergänzende Informationen sind in den Schlussfolgerungen und auf der Internetseite des Europäischen Rates abrufbar. (UV)
