| OECD-Steuerreform

Europäisches Parlament nimmt Entschließung zur OECD-Steuerreform an

In einer vom Europäischen Parlament (EP) am 6. Juni 2022 verabschiedeten Entschließung kritisieren die Abgeordneten das Einstimmigkeitsprinzip bei Entscheidungen in Steuerfragen und fordern die Einführung von Mehrheitsbeschlüssen. Hintergrund der mit 450 Ja-Stimmen zu 132 Nein-Stimmen bei 55 Enthaltungen angenommenen Entschließung bildet die anhaltend ablehnende Haltung Ungarns gegen die europäische Umsetzung der OECD-Steuerreform.
©EP

Die Parlamentarier rufen die ungarische Regierung dazu auf, die Blockadehaltung im Rat der EU aufzugeben. Solange Ungarn sein Veto aufrechterhält, sollte eine Billigung des ungarischen Aufbau- und Resilienzplans nicht erfolgen. Auch werben die Parlamentarier in der Entschließung dafür, mit alternativen Wegen, wie beispielsweise einer verstärkten Zusammenarbeit, der Reform zum Durchbruch zu verhelfen. Die derzeit geltenden Steuerregelungen seien veraltet und würden den aktuellen Entwicklungen mit Blick auf die Digitalisierung und die Vermeidung bzw. Hinterziehung von Steuern nicht wirksam begegnen. Die Reform würde auch den Binnenmarkt stärken, indem sie Wettbewerbsvorteile für multinationale Konzerne abbaue.

Die im Oktober 2021 angenommene Steuerreform, die von über 130 OECD-Staaten befürwortet wird, umfasst zwei Säulen. Die erste Säule sieht eine Neuverteilung der Besteuerungsrechte unter Berücksichtigung des unternehmerischen Marktumsatzes vor Ort vor. Insbesondere sollen hierdurch multinationale Unternehmen besteuert werden, die in mehreren Staaten Umsätze generieren, aber dort derzeit nicht zur Besteuerung herangezogen werden können, weil sie in ihren Büchern Umsätze in Länder mit niedrigen Steuersätzen verlagern. Die zweite Säule umfasst einen allgemeingültigen effektiven Mindeststeuersatz von 15 Prozent. Zur Umsetzung dieser Reform in europäisches Recht schlug die Kommission im Dezember 2021 zunächst einen Richtlinienvorschlag hinsichtlich der zweiten Säule vor.

Die nunmehr verabschiedete Entschließung steht in einer Reihe von verschiedenen Debatten des Parlaments zu diesem Thema. Zuletzt hatte sich das EP am
23. Juni 2022 zu dieser Thematik geäußert. Auch hatten die Parlamentarier bereits am 19. Mai 2022 ihren stellungnehmenden Bericht zur Umsetzung der Reform verabschiedet. In diesem für das Gesetzgebungsverfahren unverbindlichen Bericht befürwortet das Parlament grundsätzlich die Einführung einer globalen Mindestbesteuerung von 15 Prozent für multinationale Unternehmen und die Umsetzungsfrist dieser Reform bis zum 31. Dezember 2022. Darüber hinaus fordern die Parlamentarier allerdings eine Überprüfungsklausel des Schwellenwerts für die Jahreserträge, ab dem ein multinationales Unternehmen dem Mindeststeuersatz unterliegt sowie die Einführung einer Folgenabschätzung bezüglich dieser Reform für Entwicklungsländer. Eine Berücksichtigung dieser Stellungnahme durch den Rat der EU ist nicht vorgeschrieben. Bislang konnte sich der Rat der EU auf keine gemeinsame Linie einigen. Die Pressemitteilung des Parlaments finden Sie hier. (AR)

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