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Folgen für Landwirtschaft: lokale Strukturen stärken

Mähdrescher im Getreidefeld

Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski präsentierte dem Landwirtschaftsausschuss (AGRI) des Europäischen Parlaments in der Videositzung am 15. April 2020, welche Maßnahmen die Kommission bereits zur Bewältigung der Auswirkungen der Corona-Krise auf die Landwirtschaft ergriffen hat. Auch wenn die Landwirtschaft nicht so stark von der Krise betroffen sei wie Gastronomie und Tourismus, seien insbesondere die Milch- und Fleischproduktion sowie die Blumenzucht stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Kommission habe sich des Transportproblems umgehend angenommen und für Saisonarbeiter Leitlinien erlassen. Hinsichtlich der Erwartung, dass die Kommission Marktinterventionen ergreife, sieht die Kommission mangels Haushaltsmitteln keine Möglichkeiten und forderte, Reste aus der Zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), also den Förderprogrammen, zu nutzen, um der Landwirtschaft zu helfen.

Der Ausschussvorsitzende Norbert Lins (DE/EVP) dankte der Kommission für die bislang ergriffenen Maßnahmen, forderte jedoch mehr Marktmaßnahmen – insbesondere auch Hilfen für Wein und Gartenbau. Es sei zu einfach zu sagen, dass kein Geld da sei. Man solle nicht die Länder bestrafen, die die Umweltprogramme in den vergangenen Jahren umgesetzt haben und daher in der Zweiten Säule keine Gelder mehr übrighaben. Auch Paolo de Castro (ES/S&D) forderte die Kommission auf, mehr Flexibilität in der Marktordnung insbesondere für Obst, Gemüse und Wein zuzulassen. Martin Häusling (DE/Grüne/EFA) stimmte Lins zu, dass eine Verschiebung von übrigen Geldern aus der Zweiten Säule nicht reiche und Hilfen für die Landwirtschaft notwendig seien. Die Krise zeige, dass die Landwirtschaft systemrelevanter sei, als in der Öffentlichkeit bislang gedacht. Allerdings lehnte Häusling die von Lins befürwortete Lagerhaltung (etwa bei Milch) ab, sondern bevorzugte Anreize für eine freiwillige Produktionsbeschränkung.

Trotz parteiübergreifender Forderung nach Unterstützung des Ausschusses wiederholte der Kommissar, die Haushaltsmittel der EU seien bereits erschöpft und es sei kein Geld für weitreichendere Hilfen vorhanden. Der Kommissar verwies daher auf nationale Hilfsprogramme der Mitgliedstaaten und bat die Abgeordneten um Unterstützung für die Verhandlungen zum neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR), damit die Landwirtschaft künftig besser dastehe. Die Sicherheit der Lebensmittelversorgung dürfe nicht in Bedrängnis geraten. Ulrike Müller (DE/RE) kritisierte, dass die Landwirtschaft schon in den ursprünglichen Vorschlägen der Kommission für den MFR Verlierer gewesen sei und befürchtete, dass die sie im neuen Vorschlag der Kommission noch schlechter gestellt werde. Häusling sah Schwierigkeiten im Zeitrahmen für die neue GAP, wenn eine Einigung im Europäischen Parlament erst im Oktober 2020 erfolge.

Während David Ivan (CZ/ID) zur Abwendung einer Krise in der Landwirtschaft dafür eintrat, den Ehrgeiz beim Green Deal zu reduzieren, um eine Krise der Landwirtschaft zu verhindern und Norbert Lins (DE/EVP) sich für eine Verschiebung der Veröffentlichung der Farm-to-Fork-Strategie („vom Hof auf den Tisch“, F2F) und der Biodiversitätsstrategie auf September 2020 aussprach, hielt Martin Häusling (DE/Grüne/EFA) eine Debatte über die F2F-Strategie angesichts der fortbestehenden Klimakrise und Trockenheit in der Landwirtschaft für notwendig.

Häusling forderte, als Lehre aus der Krise regionale Kreisläufe zu stärken. Die Krise habe gezeigt, dass Direktvermarkter keine Probleme hätten, während exportabhängige Sektoren vor Schwierigkeiten stünden. Der Kommissar stimmte zu, dass es notwendig sei, die Grüne Architektur der GAP zu stärken, aber so, dass lokale Märkte gestärkt werden und die Abhängigkeit von externen Märkten abnehme. Die Biodiversitätsstrategie und die Strategie vom Hof auf den Tisch seien wichtig und müssten mit den Erfahrungen aus der Corona-Krise so zusammengeführt werden, dass die Lebensmittelversorgung umwelt- und klimafreundlich gestärkt werde. Der Landwirtschaftskommissar betonte, die Kommission rücke nicht vom Green Deal als Priorität ab.

https://multimedia.europarl.europa.eu/en/agri-committee-meeting_20200415-1500-COMMITTEE-AGRI_vd

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