Die bisherigen vier Sanktionspakete zielten vor allem auf Personen, den Handels-, Banken-, und Transportsektor ab. So wurden insbesondere die Vermögenswerte russischer Politiker und Oligarchen beschlagnahmt und diese Personen mit Einreiseverboten in die EU belegt. Auch wurden russische Banken vom Bankenkommunikationssystem SWIFT ausgeschlossen und die russische Wirtschaft aus dem europäischen Handelsmarkt verbannt, insbesondere sogenannte Dual-Use-Güter (also Waren mit sowohl militärischem als auch zivilem Verwendungszweck) wurden nicht mehr exportiert. Auch Belarus wurde mit Sanktionen belegt, die die Staatsführung und Wirtschaft gleichermaßen treffen sollen.
Das fünfte Sanktionspaket sieht nunmehr einen Importstopp für Kohle, Holz und Wodka sowie zahlreiche weitere Strafmaßnahmen vor. So konnten sich die Mitgliedstaaten auf eine Schließung europäischer Häfen für russische Schiffe sowie den Ausschluss von russischen und belarussischen Speditionsunternehmen vom europäischen Markt einigen. Ausgenommen sind die Beschränkungen der Transportwege für die Einfuhr lebenswichtiger Güter und Medizinprodukte.
Auch wurden ein vollständiges Transaktionsverbot und das Einfrieren von Vermögenswerten von vier weiteren russischen Banken beschlossen, die einen Marktanteil von 23 Prozent in Russland halten. Ebenfalls beschlossen die Mitgliedstaaten ein Ausfuhrverbot für spezifische Halbleiter, Computer und andere Ausrüstungsgegenstände wie Transportmittel, Katalysatoren für Raffinerien sowie Flugturbinenkraftstoff, Additive und weitere Chemikalien im Wert von zehn Milliarden Euro.
Darüber hinaus dürfen russische Staatsbürgerinnen und -bürger bzw. Unternehmen grundsätzlich nicht mehr an europäischen Ausschreibungen teilnehmen. Auch werden öffentliche oder von öffentlicher Seite kontrollierte russische Einrichtungen von der finanziellen und nicht-finanziellen Unterstützung aus Programmen der EU, von Euratom und der Mitgliedstaaten, bspw. im Bereich der Forschung und Bildung, abgeschnitten.
Mit persönlichen Sanktionen werden neben den bereits mit Strafmaßnahmen belegten Personen nunmehr auch die 179 Mitglieder der „Parlamente“ und „Regierungen“ von Luhansk und Donezk belegt. Insgesamt umfasst die personalisierte Sanktionsliste 1.110 Personen und 83 Einrichtungen. Aufgrund der verhängten Sanktionen hat die EU inzwischen fast 30 Milliarden Euro an Vermögenswerten russischer und belarussischer Oligarchen und Unternehmen eingefroren. Darüber hinaus wurden Transaktionen im Wert von rund 196 Milliarden Euro blockiert.
Ob bei weiteren Sanktionen auch Öl- und Gaslieferungen betroffen sein werden, blieb indes offen. Bei einem Treffen der europäischen Außenministerinnen und -minister am 11. April 2021 in Luxemburg wurde diese Frage jedenfalls dahingehend diskutiert, dass alle Sanktionsmöglichkeiten offengehalten werden. Dies ließ jedenfalls der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, verlautbaren.
Bereits im Vorfeld der neuen Sanktionen sprach sich das Europäische Parlament (EP) in einer Entschließung am 7. April 2022 für weitere Strafmaßnahmen aus. So fordern die Parlamentarier ein vollständiges Embargo gegen Einfuhren von Öl, Kohle, Kernbrennstoffen und Gas aus Russland. Ebenfalls setzen sich die Abgeordneten für die Errichtung eines Sondergerichts der Vereinten Nationen zur Verfolgung der russischen Kriegsverbrechen sowie ein größeres Engagement bei der Lieferung von Waffen an die Ukraine ein. Des Weiteren sei der Ausschluss sämtlicher russischer Banken aus dem SWIFT-System sowie die Untersagung der Nutzung europäischer Gewässer, Häfen und des Straßengüterverkehrs für russische Gütertransporte nötig. Auch müsste Russland aus internationalen Organisationen ausgeschlossen werden. Die vollständige Umsetzung der beschlossenen Sanktionen habe nach Auffassung des EP oberste Priorität.
Die Pressemitteilung der Kommission zum fünften Sanktionspaket finden Sie hier. (AR)