Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments (ENVI) hat am 4. März 2020 die Umweltaktivistin Greta Thunberg zum Austausch geladen. Anlass war der am selben Tag von der Kommission veröffentlichte Vorschlag für ein sogenanntes europäisches Klimaschutzgesetz (Verordnung zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität, COM(2020)80). Mit dem Klimaschutzgesetz soll das dem europäischen Grünen Deal zugrundeliegende Ziel der Klimaneutralität (Netto-Treibhausgasemissionen von null) bis 2050 rechtsverbindlich für die Europäische Union verankert werden.
Thunberg kritisierte die vom Klimaschutzgesetz vorgeschlagene Emissionsreduktion als unzureichend. Die EU verfehle das Pariser Abkommen, wenn die Gesamtmenge zulässiger Treibhausgasemissionen („CO2-Budget“) nicht stärker beschränkt werde. Die Berichterstatterin zum Klimaschutzgesetz Jytte Guteland (Schweden, S&D) begrüßte das Engagement von „Fridays for Future“ und sprach sich dafür aus, dass Europa ambitionierte Ziele vor dem UN-Klimagipfel im November 2020 in Glasgow verabschiede und als weltweites Vorbild voranschreite. Der Wandel müsse fairer und gerecht erfolgen, damit die gesamte Gesellschaft profitieren könne. Bas Eickhout (Niederlande, Grüne/EFA) zeigte sich enttäuscht vom Klimaschutzgesetz. Dass die Kommission erst im September 2020 einen Vorschlag unterbreiten wolle, ob und wie das Reduktionsziel für Treibhausgasemissionen bis 2030 geändert wird, komme zu spät, um die Erwärmung zu verhindern. Auch Silvia Modig (Finnland, Linke) erklärte das Ambitionsniveau des Klimaschutzgesetzes für nicht ausreichend.
Demgegenüber hielt Nils Torvalds (Schweden, Renew Europe) die Erhöhung des Reduktionsziels für einen Fortschritt. Peter Liese (Deutschland, EVP) widersprach Thunberg ausdrücklich und hielt bereits eine Reduktion der Emissionen in Höhe von 50 Prozent bis 2030 für viel. Er sprach sich für mehr Förderung von Forschung und Innovation zur Dekarbonisierung der Industrie und einen dementsprechend starken Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) aus. Außerdem sei für eine Erhöhung des Treibhausgasemissionsziels ein dem Europäischen Emissionshandelssystem (ETS) vergleichbarer europäischer CO2-Preis auch für Gebäude und Verkehr erforderlich. Pietro Fiocchi (Italien/EKR) dankte Thunberg für ihr Engagement zu öffentlicher Aufklärung, riet ihr jedoch zur Schule zurück zu kehren.
Thunberg ist die Begründerin der sich weltweit seit anderthalb Jahren versammelnden Klimademonstrationen „Fridays for Future“, die mehr und rascheres Engagement für den Klimaschutz fordern. Sie hat die Europaabgeordneten bereits im April 2019 zu mehr Engagement für den Klimaschutz aufgerufen und den vom Europäischen Parlament im November 2019 ausgerufenen Klimanotstand aufgrund des existenzbedrohenden Klimawandels begrüßt. Das Europäische Parlament hat in einer Resolution zum Grünen Deal im Januar 2020 gefordert, den Ausstoß von Treibhausgasen um 55 Prozent zu reduzieren. Die Kommission hat angekündigt, bis Ende Juni 2021 Vorschläge zur Anpassung der Rechtsvorschriften vorzulegen, um die Anpassung der 2030-Ziele in den Sektoren umzusetzen. (TS)
Klimaschutzverordnung:
Aufzeichnung der Debatte im ENVI:
https://multimedia.europarl.europa.eu/en/envi-committee-meeting_20200304-1300-COMMITTEE-ENVI_vd
Resolution EP zum Green Deal:
https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2020-0005_DE.html