Trotz punktueller Fortschritte – etwa bei der 5G-Abdeckung und der Zahl europäischer Start-ups mit Milliardenbewertung – offenbart der Bericht grundlegende strukturelle Defizite. Nur etwas mehr als die Hälfte der europäischen Bevölkerung verfügt über grundlegende digitale Kompetenzen. Gleichzeitig mangelt es an Fachkräften mit fortgeschrittenem IKT-Wissen, was sich insbesondere in sicherheitsrelevanten Bereichen wie Cybersicherheit und Künstlicher Intelligenz (KI) negativ auswirkt. Die Abhängigkeit von außereuropäischen Anbietern, etwa im Bereich Cloud-Infrastrukturen, Halbleitern und digitalen Verwaltungslösungen, bleibt bestehen – mit Risiken für Resilienz, Sicherheit und strategische Autonomie Europas.
Die KOM unterstreicht in ihrem Bericht, dass die Entwicklung eigener, souveräner Technologien nicht nur eine Frage der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit sei, sondern ein strategisches Gebot. Angesichts geopolitischer Unsicherheiten und wachsender digitaler Bedrohungen müsse Europa mehr Verantwortung für seine digitale Infrastruktur übernehmen und offene technologische Abhängigkeiten abbauen. Bei der 3. Digitalministerkonferenz (DMK) am 13. Mai 2025 in Ingelheim am Rhein hatte sich das DMK-Vorsitzland Rheinland-Pfalz mit einem eigenen Antrag ebenfalls für die Stärkung der digitalen Souveränität Europas ausgesprochen.
Für Deutschland stellt die KOM eine gemischte Bilanz aus. Zwar zeige die Bundesrepublik starke Leistungen in der Entwicklung fortschrittlicher Technologien wie Halbleitern und Edge-Knoten, liege aber bei der Glasfaserabdeckung, der digitalen Verwaltung sowie bei der Nutzung digitaler Technologien durch Unternehmen teils deutlich unter dem EU-Schnitt. Besonders kritisch sieht die KOM die geringe Verfügbarkeit digitaler Fachkräfte und die schwache Nutzung von KI, Cloud und Big Data in kleinen und mittleren Unternehmen. Auch die digitale Teilhabe bleibe eine Schwachstelle – sowohl was die Nutzung elektronischer Identitäten als auch den Zugang zu digitalen Verwaltungsleistungen betrifft.
Die KOM fordert Deutschland und andere Mitgliedstaaten auf, konkrete Strategien mit klaren Umsetzungspfaden und ausreichender Finanzierung zu entwickeln, um die 2030-Ziele der Digitalen Dekade doch noch zu erreichen. Der Bericht enthält dazu länderspezifische Empfehlungen, die unter anderem auf eine stärkere Förderung digitaler Kompetenzen, gezielte Unterstützung für KMU bei der Technologieeinführung sowie den beschleunigten Ausbau sicherer, souveräner digitaler Infrastrukturen abzielen.
Der vollständige Bericht sowie die zugehörige Pressemitteilung stehen hier zur Verfügung. (VS)