| Außenpolitik

Informeller Rat in Berlin

Am 27. und 28. August 2020 trafen sich die Außenministerinnen und –minister der EU zu einem informellen Austausch in Berlin. Ausgerichtet wurde das Treffen vom Hohen Vertreter der EU, Josep Borrell. Bundesaußenminister Heiko Maas hatte für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft die Rolle des Gastgebers inne.

Die Außenministerinnen und –minister berieten zunächst über die aktuelle Lage in Belarus. Es bestand Einvernehmen, dass die EU den Druck auf Machthaber Lukaschenko erhöhen müsse, damit in Belarus Menschen- und Freiheitsrechte – die elementarsten Grundwerte der Demokratie – geachtet werden. Geplant sind zudem Sanktionen, die sich gegen Personen richten und nicht das belarussische Volk treffen sollen. Bereits am 19. August 2020 hatten die europäischen Staats- und Regierungschefs bei einem Sondergipfel deutlich gemacht, dass sie das Wahlergebnis vom 9. August 2020 in Belarus nicht anerkennen.

Weiteres Thema des Treffens waren die Beziehungen der EU zu Russland. Die EU fordert von Russland einen aktiven Beitrag zur Aufklärung im Falle des vergifteten Oppositionellen Alexej Nawalny. Und schließlich berieten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer über mögliche Reaktionen der EU auf die illegalen Bohrungen der Türkei im östlichen Mittelmeer. Bundesaußenminister Maas machte deutlich, dass die aktuellen Vorgänge das Verhältnis der EU zur Türkei stark belasten. Es bestand Einvernehmen zur Solidarität mit Griechenland und Zypern.

Bei dem Treffen der Außenministerinnen und –minister am 27. und 28. August 2020 handelte es sich um ein so genanntes Gymnich-Treffen. Das sind informelle Treffen, die in der Regel einmal pro Ratspräsidentschaft, also im halbjährlichen Rhythmus stattfinden. Im lockeren Rahmen soll vorrangig über langfristige Strategien gesprochen werden. Es gibt weder eine feste Tagesordnung noch werden Beschlüsse gefasst, sondern lediglich Empfehlungen an den formellen Rat gerichtet. Die Ergebnisse dieser Treffen sind strikt vertraulich und werden nicht in einem offiziellen Abschlussdokument veröffentlicht. Häufig nehmen auch Außenminister von mit der EU assoziierten Staaten teil, im vorliegenden Fall der Außenminister von Israel im Rahmen eines Arbeitsessens vor dem offiziellen Beginn des Treffens.

Der Begriff Gymnich-Treffen geht auf eine Zusammenkunft zurück, zu der der damalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher 1974 im Rahmen der europäischen politischen Zusammenarbeit nach Schloss Gymnich, dem Gästehaus der Bundesregierung, eingeladen hatte. (jbs)

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