Der Rat für Justiz hat nach intensiven Verhandlungen im Vorfeld der Tagung seine allgemeine Ausrichtung zur geplanten Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts verabschiedet. Dabei sind wesentliche von Deutschland gewünschte Anliegen berücksichtigt worden, so etwa flexible Regelungen zum so genannten Pre-pack-Verfahren, bei dem der Verkauf eines Unternehmens bereits vor der formellen Insolvenzeröffnung vorbereitet werden kann, und der Verzicht auf ein verpflichtendes vereinfachtes Liquidationsverfahren für Kleinstunternehmen. Der Kompromiss sieht beim Pre-pack-Verfahren vor, dass Mitgliedstaaten festsetzen können, dass der Verkauf öffentlich ausgeschrieben oder durch die Gläubiger genehmigt werden muss. Der ursprünglich vorgesehene vereinfachte Abwicklungsrahmen für insolvente Kleinunternehmen wurde aus dem Kompromiss gestrichen. Hier überwogen Bedenken hinsichtlich Praktikabilität und möglicher Konflikte mit nationalen Verfahren. Mit dem Beschluss des Rates ist der Weg frei für die anstehenden Verhandlungen mit dem EU-Parlament.
Der zweite Beschluss des Rates war eine partielle politische Einigung zu den wichtigsten Aspekten eines Verordnungsentwurfs, mit dem die Rechte von Erwachsenen, die in grenzüberschreitenden Situationen Schutz oder Unterstützung benötigen, garantiert werden sollen. Die Einigung deckt Teile des neuen Rechtsakts ab, während andere Bestimmungen noch erörtert werden. Mit der künftigen Verordnung soll ein rechtliches Vakuum gefüllt werden. Bislang haben nur dreizehn Mitgliedstaaten, so auch Deutschland, das Haager Übereinkommen über den internationalen Schutz von Erwachsenen aus dem Jahr 2000 ratifiziert. Der Verordnungsvorschlag, der sich an diesem Übereinkommen orientiert, ist tendenziell ambitionierter. Artikel 6 des angenommenen Textes ermöglicht es Erwachsenen, das zuständige Gericht im Voraus zu wählen, sofern eine hinreichende Verbindung zu dem gewählten Staat besteht, so etwa aufgrund der Staatsangehörigkeit, des gewöhnlichen Aufenthalts oder des Standorts des Vermögens. Im Hinblick auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schutzmaßnahmen führt der Text einen Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens oder der Anerkennung zwischen den Mitgliedstaaten ein. Die Anerkennung kann allerdings verweigert werden, wenn der Erwachsene nicht die Möglichkeit hatte gehört zu werden, es sei denn, es liegen schwerwiegende Gründe vor, dies nicht zu tun. Mehrere Mitgliedstaaten haben die Fortschritte des Textes begrüßt. Die deutsche Bundesjustizministerin Hubig bezeichnete den Kompromiss als erfolgreich, auch wenn sie aufgrund der Sensibilität von Gesundheitsdaten Vorbehalte gegen mehrere künftige Bestimmungen äußerte, insbesondere gegen die Schaffung von miteinander vernetzten nationalen Registern. Der angenommene Text umfasst die ersten fünf Kapitel der Verordnung, die den Anwendungsbereich, die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung und die von einer zuständigen Behörde erstellten notariellen oder amtlichen Dokumente betreffen. Andere Bestimmungen, wie die über Schutzregister und europäische Vertretungsbescheinigungen, werden zu einem späteren Zeitpunkt erörtert.
Zur Stärkung der justiziellen Zusammenarbeit mit Drittländern im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Drogenhandels und der organisierten Kriminalität war Eurojust im Jahr 2024 vom Rat beauftragt worden, die notwendigen Informationen zusammenzustellen. Diese liegen jetzt vor. Die polnische Ratspräsidentschaft informierte über mögliche Ansätze zur Verbesserung der Zusammenarbeit, wie den Austausch bewährter Praktiken, Beitritte zu Europaratsabkommen oder die Entsendung von Verbindungsbeamten. Es wurde darauf hingewiesen, dass in diesem Zusammenhang auch die anstehende Überarbeitung der Eurojust-Verordnung mitbedacht werden müsse. Hier stellt sich die Frage, ob auf Eurojust nicht zusätzliche internationale Aufgaben übertragen werden sollten und wie diese finanziert werden. Zur Zusammenarbeit unter den Mitgliedstaaten hat der Rat Schlussfolgerungen mit Schwerpunkten zum nächsten EMPACT-Zyklus (2026-2029) gebilligt. EMPACT ist ein von den Mitgliedstaaten geleitetes Instrument für die multidisziplinäre und behördenübergreifende operative Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der schweren und organisierten Kriminalität, in dem Polizei-, Zoll- und Justizbehörden aus verschiedenen Mitgliedstaaten zusammenarbeiten. Die EMPACT-Prioritäten beruhen auf der von Europol erstellten Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität in der Europäischen Union.
Außerdem hat der Rat eine politische Einigung zur Verlängerung des vorübergehenden Schutzes für Vertriebene aus der Ukraine um ein weiteres Jahr, also bis zum März 2027, beschlossen. Da der vorübergehende Schutz seit 2022 schon dreimal verlängert wurde, ist während der Ratstagung auch die notwendige Vorbereitung eines notwendigen Folgeinstruments thematisiert worden, so beispielsweise der Wechsel zu einem anderen Aufenthaltsstatus und die Schaffung eines Weges für eine schrittweise Rückkehr in die Ukraine. Im Zusammenhang mit seinem Bericht über den aktuellen Stand bezüglich des Beitritts der EU zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) hat der Ratsvorsitz informiert, dass die Europäische Kommission dazu ein Gutachten beim Europäischen Gerichtshof in Auftrag geben wolle. (UV)
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