Nationale und Regionale Partnerschaftspläne als zentrales Element
Die bedeutendste Änderung für die deutschen Bundesländer ist die Zusammenfassung der wichtigsten Förderprogramme – wie europäische Regional-, Sozial- und Agrarförderung – zu einem auf Bundesebene angesiedelten Nationalen und Regionalen Partnerschaftsplan (NRPP). Diese Pläne führen 14 bestehende Fonds und mehr als 500 Einzelprogramme zusammen; so sollen Programmierungs- und Validierungsprozesse gestrafft werden. Sie werden für jeden Mitgliedstaat maßgeschneidert und in enger Abstimmung mit nationalen und regionalen Behörden erarbeitet.
In den Plänen können nationale, sektorale, regionale und territoriale Kapitel enthalten sein. Die nationalen Regierungen werden bei deren Erstellung voraussichtlich verpflichtet sein, auf regionale Besonderheiten Rücksicht zu nehmen. Finanzielle Mittel werden erst ausgezahlt, wenn die vereinbarten Ziele und Reformen erreicht sind. 14 Prozent der Mittel müssen für Sozialziele verwendet werden. Zudem ist ein Mechanismus vorgesehen, der die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien zur Auszahlung der Gelder sicherstellen soll. Unklar bleibt, wie die NRPP genau erstellt werden, wie regionale Interessen berücksichtigt werden und welche Rolle das Europäische Parlament (EP) in der Kontrolle spielt.
Drei Säulen des neuen Haushalts
Darüber hinaus soll der Haushalt 2028–2034 stärker politikorientiert sein. Die künftig drei Hauptsäulen (ohne die Säule für Verwaltungsausgaben) sind so ausgelegt, dass sie sich gegenseitig ergänzen und ein kohärentes Ganzes bilden. Damit verschiebt sich der Schwerpunkt weg von traditionellen Bereichen wie Kohäsion und Agrar hin zu Wettbewerbsfähigkeit und Verteidigung.
Die erste Säule („Wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt, Landwirtschaft, ländlicher und maritimer Wohlstand und Sicherheit“) umfasst Kohäsionspolitik, Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), Fischereipolitik, Migration, Grenzmanagement und innere Sicherheit. Kernstück sind die NRPP mit 865 Mrd. Euro, darunter 50 Mrd. Euro für den Klima-Sozialfonds. Für Deutschland sind 68,4 Mrd. Euro vorgesehen, davon jeweils 4,1 Mrd. Euro für Migration/Grenzmanagement/innere Sicherheit sowie für den Klima-Sozialfonds. Die GAP-Mittel sollen EU-weit um rund 30 Prozent gekürzt werden. Die Kohäsionsmittel steigen nominal um 28 Mrd. Euro, werden aber auch für ländliche Entwicklung und die Unterstützung des Fischereisektors genutzt, was im Ergebnis einer deutlichen Kürzung gleichkommen dürfte. Insgesamt 34 Mrd. Euro sind für Migration, Grenzschutz und innere Sicherheit vorgesehen. Auch die Rückzahlungen für NextGenerationEU in Höhe von 168 Mrd. Euro werden in dieser Säule verbucht.
Die zweite Säule („Wettbewerbsfähigkeit, Wohlstand und Sicherheit“) fördert Forschung, Innovation, Industriepolitik, Verteidigung, Digitalisierung, Energie und Gesundheit. Kernstück ist der neue Europäische Wettbewerbsfonds mit 410 Mrd. Euro für strategische Technologien in den Bereichen grüner und digitaler Wandel, Gesundheit und Biotechnologie. Rund 131 Mrd. Euro sind für Verteidigung, Sicherheit und Weltraum vorgesehen – das Fünffache des aktuellen MFR. Ergänzt wird dies durch das renommierte Forschungsrahmenprogramm „Horizont Europa“ (175 Mrd. Euro), das Bildungsprogramm Erasmus+ (41 Mrd. Euro) und die Connecting Europe Facility zur Förderung der Infrastruktur, deren Budget auf fast 81 Mrd. Euro beinahe vervierfacht werden soll. Neu hinzu kommt „AgoraEU“ (8,5 Mrd. Euro) zur Förderung von Kultur, Medien und Zivilgesellschaft.
Die dritte Säule („Global Europe“) umfasst 215 Mrd. Euro für eine effizientere und stärker strategisch ausgerichtete EU-Außenpolitik, was einer effektiven Erhöhung um 94 Mrd. Euro entspricht. Kernstück ist das Instrument zur Förderung regionaler Partnerschaften „Global Europe“ (200 Mrd. Euro). Für die weitere Unterstützung der Ukraine sind 100 Mrd. Euro vorgesehen, finanziert über EU-Anleihen aus einer Sonderreserve außerhalb der Haushaltsobergrenzen. Ebenfalls außerhalb dieser Obergrenzen liegt ein Flexibilitätsinstrument für Krisenreaktionen in Höhe von 15 Mrd. Euro.
Neue Eigenmittelquellen
Zur Finanzierung des MFR schlägt die KOM fünf neue Eigenmittelquellen vor (44 Mrd. Euro jährlich), um zusätzlich zu den bestehenden Eigenmitteln insgesamt 58 Mrd. Euro pro Jahr zu erzielen. Dies ist auch notwendig, um die jährlichen Rückzahlungen für NextGenerationEU (24 Mrd. Euro) zu decken. Vorgesehen sind:
- EU-Emissionshandelssystem ETS I (9,6 Mrd. Euro/Jahr)
- Anpassung des CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (1,4 Mrd. Euro/Jahr)
- Abgabe auf nicht gesammelten Elektronikschrott (15 Mrd. Euro/Jahr)
- Verbrauchsteuer auf Tabak (11,2 Mrd. Euro/Jahr)
- CORE-Abgabe: Pauschalbeitrag großer Unternehmen ab 100 Mio. Euro Nettoumsatz (6,8 Mrd. Euro/Jahr)
Gesetzliche Grundlagen des neuen Finanzrahmens
Mit dem Vorschlag hat die KOM den ersten Teil der Rechtstexte zur Gestaltung und Umsetzung des nächsten MFR vorgelegt. Dazu gehören:
- Verordnung zur Festlegung des MFR
- Interinstitutionelle Vereinbarung über Haushaltsfragen
- Eigenmittelbeschluss
- Verordnung über Leistung, Überwachung und Bewertung des EU-Haushalts.
Ergänzend wurden sektorale Verordnungen veröffentlicht, u.a. zu den NRPP (einschließlich GAP, Gemeinsamer Fischereipolitik, Europäischem Sozialfonds, Kohäsionspolitik und Inneres), zum Europäischen Wettbewerbsfonds und „Horizont Europa“, zu Erasmus+, zur Connecting Europe Facility, zum Instrument „Global Europe“, zum Katastrophenschutzverfahren, zu Reaktionen auf gesundheitliche Notlagen sowie zu „AgoraEU“.
Ein zweiter Teil weiterer Gesetzesvorschläge wird am 3. September 2025 erwartet, darunter zum Justizprogramm, Binnenmarkt, Euratom-Forschungs- und Ausbildungsprogramm, zur nuklearen Sicherheit, Stilllegung kerntechnischer Anlagen, zu den Überseeischen Ländern und Gebieten sowie zum Pericles-Programm.
Weiteres Verfahren
Die Entscheidung über den künftigen MFR und das langfristige Einnahmensystem der EU erfordert die Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten im Rat. Für den MFR ist zudem die Zustimmung des Europäischen Parlaments nötig, für die Eigenmittel in vielen Mitgliedstaaten zusätzlich die Ratifizierung durch die nationalen Parlamente. Erfahrungsgemäß erfolgt die Einigung erst kurz vor Inkrafttreten – wie beim MFR 2021–2027, der im Dezember 2020 beschlossen wurde. Auch diesmal wird mit einer finalen Einigung erst Ende 2027 gerechnet.
Weitere Informationen finden Sie in der Pressemitteilung der KOM sowie auf der Informationsseite zum MFR 2028–2034. Dort sind auch die bereits veröffentlichten Gesetzestexte zu finden. (YA/UV)