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Kommission schlägt einheitlichen Europäischen Hochschulabschluss vor

Mit ihren am 27. März 2024 veröffentlichten Planungen für einen eigenständigen, in nationalem Recht verankerten, „Europäischen Hochschulabschluss“ hat die Europäische Kommission (KOM) noch kurz vor den Europawahlen eines der wichtigsten bildungspolitischen Dossiers dieser Legislatur vorgelegt.
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Bei dem „Europäischen Abschluss“ soll es sich um eine neue Art von Abschluss handeln, der auf freiwilliger Basis nach transnationalen Bachelor-, Master- oder Promotionsstudiengängen auf nationaler, regionaler oder institutioneller Ebene verliehen wird und automatisch überall in der EU anerkannt ist. Die Kriterien, auf deren Basis dieser Abschluss verliehen wird, sollen zuvor auf europäischer Ebene beschlossen werden. In einigen Jahren, so Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas bei der Vorstellung des sogenannten Hochschulpakets, werde der europäische Abschluss seinen Platz haben neben Schengen, Erasmus, dem Binnenmarkt und dem Euro, als eine der konkreten europäischen Errungenschaften, die das „Europa der Bürger“ verständlicher und präsenter macht.

Das jetzt vorgelegte Hochschulpaket umfasst neben der Mitteilung zu einem „Konzept für einen Europäischen Abschluss“, zwei Vorschläge für eine Ratsempfehlung zu Qualitätssicherung und Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich sowie eine Ratsempfehlung zu Personalentwicklung an Hochschulen. Die beiden Ratsempfehlungen sollen zur Schaffung geeigneter Bedingungen für einen Europäischen Abschluss beitragen und damit dieses zentrale Vorhaben untermauern. So fordert der Vorschlag für die Ratsempfehlung zu einem europäischen Qualitätssicherungs- und Anerkennungssystem unter anderem, dass Mitgliedstaaten und Hochschulen bestehende Instrumente und Verfahren überprüfen und ihre Qualitätssicherungsprozesse und -praktiken vereinfachen und weiterentwickeln, damit insbesondere auch die Entwicklung gemeinsamer Studienprogramme erleichtert wird. Auch ein neuer europäischer Rahmen für Qualitätssicherung soll eingeführt werden. Im Annex enthalten sind mögliche Dimensionen und Kriterien für die Vergabe eines gemeinsamen europäischen Abschlusses bzw. für ein entsprechendes Label. Der Vorschlag der KOM zu Personal an Hochschulen will insbesondere dazu beitragen, bestimmten Aufgaben, wie Entwicklung transnationaler Bildungsaktivitäten oder die Einbeziehung der nachhaltigen Entwicklung, aber auch der Lehre ganz allgemein mehr Gewicht zu verleihen und ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem eine Entfaltung ungeachtet des persönlichen Hintergrunds möglich ist und akademische Freiheit im Einklang mit den Grundsätzen einer demokratischen, offenen, fairen und integrativen Gesellschaft gewährleistet ist.

Dreh- und Angelpunkt des Vorschlags ist jedoch die Einführung eines eigenständigen europäischen Abschlusses. Dieser war – ebenso wie die damit einhergehenden Qualitätssicherungs- und Anerkennungsmaßnahmen – bereits 2022 in der EU‑Hochschulstrategie der KOM angekündigt worden. Bislang hatten die Mitgliedstaaten allerdings lediglich der Erprobung eines zusätzlichen europäischen Gütesiegels („European Degree Label“) für gemeinsame Studiengänge zugestimmt. Die KOM hingegen sieht ein solches Gütesiegel nur als einen ersten Schritt zu einem langfristig in den nationalen Gesetzen verankerten eigenständigen „Europäischen Abschluss“. Erreichen will sie damit insbesondere, dass mehr Studierende die Möglichkeit nutzen, an verschiedenen Hochschulen in verschiedenen EU-Ländern zu studieren und dass solchermaßen hochqualifizierte Absolventen sich problemloser auf einem gesamteuropäischen Arbeitsmarkt bewegen können.

Mit den vorgelegten Planungen würde – zusätzlich zum seit vielen Jahren bestehenden Bologna-Prozess – ein gesondertes System von Qualitätssicherung, Anerkennung und Abschlüssen für die 27 EU-Mitgliedstaaten geschaffen. Beim Bologna-Prozess handelt es sich um einen auf Ebene der beteiligten Staaten gesteuerten Prozess zur Schaffung eines europäischen Hochschulraums, der insbesondere auf die Mobilität von Studierenden, Absolventinnen und Absolventen sowie Hochschullehrerinnen und -lehrern zielt. Wichtige Instrumente sind vergleichbare Studienstrukturen (gestufte Studienstruktur mit Bachelor und Master) und Qualitätssicherung auf der Grundlage gemeinsamer Standards und Richtlinien. Auch die Entwicklung gemeinsamer, grenzüberschreitender Hochschulabschlüsse („joint degrees“) sind ein wichtiges Element. Der Bologna-Prozess geht auf eine 1999 von 30 Hochschulministerinnen und -ministern im italienischen Bologna unterzeichnete Erklärung zurück. Er umfasst derzeit 49 Staaten, die kontinuierlich an der qualitativen Weiterentwicklung der Hochschulsysteme arbeiten. Schon bei der Vorstellung der EU-Hochschulstrategie im Januar 2022 hatte der zuständige Vizepräsident, Margaritis Schinas, dem Ehrgeiz Ausdruck verliehen, einen "Mega‑Bologna-plus-Prozess" anzustoßen. (MK)

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