Die Europäische Kommission hat am 20. Mai 2020 ihren Vorschlag für eine neue Biodiversitätsstrategie der EU für 2030 (COM(2020) 380) und ihre Strategie für eine nachhaltige Lebensmittelkette „vom Hof auf den Tisch“ vorgestellt.
Die Kommission schlägt in ihrer Biodiversitätsstrategie unter dem Motto „Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“ vor, 30 Prozent der Land- und Meeresfläche der EU bis 2030 zu schützen – ein Drittel davon besonders naturbelassen: Dies betrifft insbesondere die Primär- und Urwälder EU. Das 30-Prozent-Schutzziel bedeutet eine Erhöhung von 4 Prozent der Landfläche bzw. 19 Prozent der Meeresfläche. Derzeit umfasst das europäische Netzwerk Natura 2000 rund 18 Prozent der Land- und Meeresfläche als Schutzgebiete mit Auflagen für die Nutzung.
Die Landnutzung soll umweltverträglicher erfolgen. Dazu soll bis 2030 ein Viertel der landwirtschaftlichen Anbaufläche der EU biologisch bewirtschaftet werden. Die Kommission schlägt weiterhin eine Halbierung des Risikos und Einsatzes von Pestiziden, des Nährstoffverlustes auf die Umwelt und antimikrobieller Mittel in der Tierhaltung vor sowie eine Reduktion des Einsatzes von Düngemitteln um ein Fünftel. Durch die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) soll gefördert werden, dass zehn Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Landschaftselementen mit großer Vielfalt (z.B. Pufferstreifen, Rotationsbrachen, Hecken, Bäume oder Teiche) vorbehalten sind.
Außerdem soll die Erholung der Natur gefördert werden: Mindestens 25.000 Flusskilometer sollen als frei fließende Flüsse wiederhergestellt werden und die Zahl der auf der Roten Liste befindlichen Arten, die von invasiven gebietsfremden Arten gefährdet werden, soll halbiert werden. 2021 möchte die Kommission einen Legislativvorschlag für die Wiederherstellung der Natur vorlegen, sodass bis 2030 eine Verschlechterung des Naturzustands ausgeschlossen wird und die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, mindestens 30 Prozent der Arten und Lebensräume, die sich derzeit nicht in einem günstigen Zustand befinden, wiederherzustellen und das bereits geltende europäische Umweltrecht besser umzusetzen. Ebenfalls für 2021 plant die Kommission eine Aktualisierung der Strategie für den Bodenschutz der EU, einen Null-Schadstoff-Aktionsplan für Luft, Wasser und Boden, neue Nachhaltigkeitskriterien für die energetische Nutzung forstwirtschaftlicher Biomasse, eine EU-Plattform für die Begrünung der Städte sowie im Rahmen der neuen EU-Forststrategie die Pflanzung von drei Milliarden neuer Bäume. Auch in der Handelspolitik möchte sich die EU gegen Entwaldung und illegalen Wildtierhandel sowie für eine umweltverträgliche Forstbewirtschaftung einsetzen.
Der Wert der Natur soll wirtschaftlich stärker berücksichtigt und Verursacher für Schäden haftbar gemacht werden. Die öffentliche Beschaffung, die 14 Prozent des BIP der EU umfasst, soll die Nachfrage nach naturbasierten Lösungen anregen. Im Laufe des Jahres wird die Kommission in Zusammenarbeit mit der Europäischen Umweltagentur ein neues Wissenszentrum für biologische Vielfalt einrichten.
Durch menschliche Einwirkungen wurden weltweit drei Viertel der Landfläche und zwei Fünftel der Meere verändert – eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht; die Wildtierpopulation ist um 60 Prozent zurückgegangen. Die Hälfte des weltweiten BIP hängt unmittelbar von der Natur ab. Geschädigte Ökosysteme sind anfälliger für Ex‑tremereignisse und Krankheiten. Die Anwendung des Konzepts „Eine Gesundheit“ und eine fachübergreifende Zusammenarbeit für die Verbindungen zwischen dem Schutz der biologischen Vielfalt und den Menschenrechten wird somit immer wichtiger.
Der Vorschlag der Kommission für eine neue Biodiversitätsstrategie der EU 2030 soll von Parlament und Rat vor der 15. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt verabschiedet werden. Diese war ursprünglich für Herbst 2020 in Cunming (China) geplant, wurde im Zuge der Corona-Pandemie jedoch auf 2021 verschoben.
https://ec.europa.eu/environment/nature/biodiversity/strategy/index_en.htm
https://ec.europa.eu/germany/news/20200520-gruener-deal-biologische-vielfalt-und-lebensmittel_de