Die Kommission sieht großen Nachholbedarf bei der Digitalisierung im Justizbereich. Mit einem am 2. Dezember 2020 vorgelegten Maßnahmenpaket will sie den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen in Europa den Zugang zur Justiz erleichtern, und zwar nicht nur offline, sondern insbesondere auch online.
Die Vorschläge reichen von der Förderung der justiziellen Aus- und Fortbildung von Richtern, Staatsanwälten und sonstigen Angehörigen der Rechtsberufe in der Digitalisierung über die Verbesserung der digitalen Kommunikation in der grenzübergreifenden justiziellen Zusammenarbeit bis hin zur gemeinsamen Nutzung von Datenbanken.
In einer Mitteilung skizziert die Kommission vier Maßnahmen, mit denen die Justiz in der EU zukünftig auf die digitalen Anforderungen von Bevölkerung und Wirtschaft ausgerichtet werden soll:
- Die digitale Kommunikation soll als Standardoption für die grenzübergreifende justizielle Zusammenarbeit festgeschrieben werden. Die Übermittlung per Post soll abgeschafft werden. Einen entsprechenden Legislativvorschlag zur Digitalisierung der Verfahren der grenzüberschreitenden justiziellen Zusammenarbeit in Zivil-, Handels- und Strafsachen will die Kommission Ende 2021 vorlegen.
- Das Fallbearbeitungssystem von Eurojust, mit dem die Agentur zur Koordinierung der EU-weiten Bekämpfung von schwerer grenzüberschreitender Kriminalität einschließlich Terrorismus verschiedene Fälle abgleichen kann, soll aktualisiert werden, auch um die Zusammenarbeit der im Aufbau befindlichen Europäischen Staatsanwaltschaft zu ermöglichen. Im Jahr 2021 wird die Kommission Gesetzgebungsinitiativen zum digitalen Informationsaustausch in Bezug auf grenzüberschreitende Terrorismusfälle und zur Einrichtung einer Kooperationsplattform für gemeinsame Ermittlungsgruppen vorlegen.
- Es wird angeregt, dass die Mitgliedstaaten ihre Elektronischen Datenbanken digitalisieren und untereinander vernetzen.
- Das Kommunikationssystem e-CODEX, das den Onlineaustausch von Daten ermöglicht, ist das wichtigste Instrument für eine sichere grenzübergreifende Zusammenarbeit in zivil-, handels- und strafrechtlichen Verfahren. Bislang nutzen jedoch nur einige Mitgliedstaaten e-CODEX. Die Kommission hat einen Legislativvorschlag angenommen, mit dem e-CODEX zum Standard für die sichere digitale Kommunikation bei grenzübergreifenden Gerichtsverfahren in allen Mitgliedstaaten festgelegt werden soll. Das derzeit noch verwendete System eEDES für den digitalen Austausch elektronischer Beweismittel soll dann ersetzt werden.
Darüber hinaus wird mit der zweiten Auflage der EU-Strategie für die justizielle Aus- und Fortbildung das EU-Fortbildungsangebot für Rechtspraktiker auf weitere Bereiche wie Digitalisierung und künstliche Intelligenz ausgeweitet und ehrgeizige Ziele festgelegt. Bis 2024 sollen jedes Jahr 65 Prozent der Richter und Staatsanwälte und 15 Prozent der Rechtsanwälte in Fragen des EU-Rechts geschult werden. (UV)
Mitteilung zur Digitalisierung der Justiz in der EU:
https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/communication_digitalisation_de.pdf
Legislativvorschlag für eine Verordnung zur Gewährleistung der langfristigen Tragfähigkeit des e-CODEX-Systems:
https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/law/cross-border_cases/documents/e-codex-main-act-de.pdf
Europäische Strategie für die justizielle Aus- und Fortbildung 2021-2024:
https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/2_de_act_part1_v2.pdf
Jahresbericht über die justizielle Aus- und Fortbildung in Europa:
https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/judicial-training-2020-web.pdf