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Kommissionsinitiative zur sicheren Rohstoffversorgung

Zur Reduzierung der Importabhängigkeit der EU von wichtigen Rohstoffen hat die Europäische Kommission am 16. März 2023 ein Gesetzespaket zu kritischen Rohstoffen veröffentlicht. Zentrales Ziel ist die Verringerung der Abhängigkeit Europas von Importen. Mit dem Verordnungsvorschlag über kritische Rohstoffe wird ein rechtlicher Rahmen geschaffen, um die Entwicklung inländischer Kapazitäten (Rohstoffgewinnung) zu unterstützen und die Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit der kritischen Rohstoffversorgungsketten (Rohstoffrecycling) in der EU zu stärken. Für den innereuropäischen Abbau von Rohstoffen und deren Recycling werden konkrete Zielwerte vorgeschlagen.
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Im Vorschlag der Europäischen Kommission (KOM) zur Versorgung der EU mit kritischen Rohstoffen, dem so genannten Raw Material Act, werden insgesamt vier Ziele zur Rohstoffversorgung genannt: So sollen bis 2030 mindestens 10 Prozent der benötigten kritischen Rohstoffe in der Union selbst abgebaut werden. Mindestens 15 Prozent des EU-Jahresbedarfs sollen recycelt und 40 Prozent der Rohstoffe aus Drittstaaten innerhalb der EU bearbeitet und veredelt werden. Die Abhängigkeit von jedem strategischen Rohstoff aus einem einzigen Drittland soll langfristig nicht mehr als 65 Prozent betragen. Diese Ziele werden durch die bevorzugte Behandlung von strategischen Projekten zum Rohstoffabbau oder Recycling und neue spezifische Verwaltungsstrukturen verfolgt. Parallel ist angedacht, das globale Engagement zu diversifizieren und den Handel mit zuverlässigen Partnern auszubauen.

Der Verordnungsvorschlag über kritische Rohstoffe stützt sich auf vier Hauptpfeiler:

  • Erstens werden Prioritäten und Ziele zur Stärkung der Lieferketten festgelegt. So werden einmal Listen mit den betroffenen Rohstoffen rechtlich festgeschrieben: eine Liste für kritische Rohstoffe und eine Liste für strategische Rohstoffe. Hierzu gehören unter anderem Kobalt, Kupfer, Lithium, Mangan, Nickel, Silizium, Titan und Wolfram. Strategische Rohstoffe sind Metalle, die in bestimmten Sektoren, beispielsweise Mikrochips oder Batterien, von großer Bedeutung sind und bei denen gleichzeitig ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Weltmarkt besteh, wodurch die EU möglicherweise Handelshemmnissen aus produzierenden Drittländern ausgesetzt ist. Kritische Rohstoffe hingegen sind für die EU-Wirtschaft insgesamt von entscheidender Bedeutung, wobei die Gefahr schwerwiegender Versorgungsunterbrechungen besteht.
  • Zweitens werden neue Maßnahmen zum Ausbau der europäischen Kapazitäten für kritische Rohstoffe vorgeschlagen. Das ist ein neuer Rahmen für die Auswahl von strategischen Projekten, die von gestrafften Genehmigungs- und Finanzierungsbedingungen profitieren können. Für Projekte, die die Gewinnung, die Verarbeitung oder das Recycling dieser strategischen Rohstoffe betreffen, müssen die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten die Genehmigungsverfahren vereinfachen und verkürzen: weniger als zwei Jahre für Gewinnungsprojekte und weniger als ein Jahr für Verarbeitungs- und Recyclingprojekte.
  • Drittens werden Maßnahmen zur Steigerung der Resilienz bei der Versorgung mit kritischen Rohstoffen festgelegt. Die Mitgliedstaaten müssen nationale Programme für die Erkundung geologischer Ressourcen erarbeiten. Um die Stabilität der Lieferketten zu gewährleisten, sieht der Rechtsakt auch die Überwachung sowie den Informationsaustausch und die künftige Koordinierung der Vorräte an Rohstoffen zwischen den Mitgliedstaaten vor. Bestimmte Großunternehmen müssen ein Audit ihrer Lieferketten durchführen, einschließlich eines Stresstests auf Unternehmensebene.
  • Viertens wird eine gemeinsame Verwaltungsstruktur in Form eines Verwaltungsrats eingerichtet, der sich aus den Mitgliedstaaten und der Kommission zusammensetzt. Ihm obliegen die Koordinierung der Zusammenarbeit und die Betreuung von strategischen Partnerschaften der EU mit Drittländern.

Zusätzlich werden Maßnahmen vorgeschlagen, um die Diversifizierung der Lieferketten durch neue internationale Partnerschaften zu fördern. Der Schwerpunkt liegt bei den EU-Handelsabkommen. So ist geplant, Partnerländer künftig mit Investitionen (Global Gateway Instrument) dabei zu unterstützen, ihre eigenen Abbau- und Verarbeitungskapazitäten für Rohstoffe aufzubauen. Bei den internationalen Handelsbeziehungen wird sich die EU stärker auf die Diversifizierung von Bezugsquellen kritischer Rohstoffe konzentrieren. Angestrebt werden Partnerschaften mit Schwellen- und Entwicklungsländern und Freihandelsabkommen. Darüber hinaus schlägt die Europäische Kommission vor, einen „Club für kritische Rohstoffe“ mit gleichgesinnten Ländern zu gründen, um die globalen Lieferketten zu stärken.

Der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament müssen die Kommissionsvorschläge jetzt beraten. (UV)

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