| EuGH-Entscheidung

Kriminelle Banden können in mehreren EU-Ländern verfolgt werden

Kriminelle Banden, die Vermögensdelikte begehen, können unter bestimmten Voraussetzungen in mehreren europäischen Staaten strafrechtlich verfolgt werden. Das gelte bei Bedrohung der Landessicherheit oder ähnlicher wesentlicher Interessen, so der Europäische Gerichtshof in einer Entscheidung vom 23. März 2023. Der EuGH nahm mit dieser Entscheidung Stellung zu einer Vorabanfrage des OLG Bamberg.
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Grundlage des EuGH-Urteils (Az. C-365/21) sind die Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg gegen mehrere Personen wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie des Anlagebetrugs in Form von Cybertrading. Bei Cybertrading wird der Betrug im Internet mithilfe von Scheinfirmen begangen. Ein Angeklagter wurde wegen dieser Taten bereits vom Landgericht Wien verurteilt. Die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg beabsichtigt nun, diesen auch in Deutschland anzuklagen. Hiergegen wehrt er sich unter Hinweis auf den Grundsatz „ne bis in idem“, wonach ein Beschuldigter nicht zweimal wegen derselben Tat verurteilt werden darf.

Auch wenn es sich in Deutschland um andere Tatopfer handelt, geht das Oberlandesgericht Bamberg, das über die Zulassung der Anklage zu entscheiden hat, davon aus, dass es sich im Kern um die gleichen Straftaten handelt, die bereits in Wien abgeurteilt wurden. Das OLG sieht deshalb das Verbot der Doppelbestrafung als verletzt an. Bei Abschluss des Schengen-Abkommens behielt Deutschland sich aber vor, dass dieses Verbot beim Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung nicht gelten solle. Aus diesem Grund legte das OLG Bamberg dem EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens die Frage vor, ob ein solcher Vorbehalt mit der EU-Grundrechtscharta vereinbar sei und auch kriminelle Banden umfassen könne, die ausschließlich Vermögensdelikte begingen.

Beides bejahte der EuGH, sofern es um die nationale Sicherheit gehe. Es müssten also besonders schwere Straftaten sein, die den Staat selbst beträfen. Auch Vermögenskriminalität könne unter bestimmten Umständen solche wesentlichen Interessen des Staats beeinträchtigen. Für den Bamberger Fall jedoch schätzte der Gerichtshof, dass die Taten wohl nicht die Bundesrepublik selbst schädigten und damit nicht unter diese Ausnahme fielen. Dies müsse aber das Oberlandesgericht nun prüfen. (UV)

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