Die wichtigsten Elemente der Einigung betreffen eine Rechtsvermutung, die helfen soll, den korrekten Beschäftigungsstatus von Personen zu bestimmen, die auf digitalen Plattformen arbeiten: Die Mitgliedstaaten müssen in ihren Rechtssystemen eine Rechtsvermutung für eine Beschäftigung einführen, die ausgelöst wird, wenn Tatsachen festgestellt werden, die auf eine Kontrolle und Leitung hinweisen. Diese Tatsachen werden nach nationalem Recht und Tarifverträgen bestimmt, wobei die EU‑Rechtsprechung berücksichtigt werden muss. Personen, die auf digitalen Plattformen arbeiten, ihre Vertreter oder nationale Behörden können sich auf diese gesetzliche Vermutung berufen und darauf hinweisen, dass sie falsch eingestuft wurden. Statt einer automatischen Neueinstufung führt die Richtlinie eine Beweislastumkehr zugunsten der Plattformarbeitenden ein: Es obliegt letztlich der digitalen Plattform zu beweisen, dass kein Arbeitsverhältnis besteht. Darüber hinaus sollen die Mitgliedstaaten den digitalen Plattformen und den nationalen Behörden bei der Einführung der neuen Maßnahmen Leitlinien an die Hand geben.
Die Richtlinie soll zudem den Einsatz von Algorithmen in der Personalverwaltung transparenter machen und sicherstellen, dass automatisierte Systeme von qualifiziertem Personal überwacht werden. Darüber hinaus sollen Beschäftigte das Recht haben, automatisierte Entscheidungen anzufechten. Zudem soll die Einigung sicherstellen, dass die Arbeitnehmer ordnungsgemäß über den Einsatz automatisierter Überwachungs- und Entscheidungsfindungssysteme informiert werden, die sich u. a. auf ihre Einstellung, ihre Arbeitsbedingungen und ihr Einkommen beziehen. Sie verbietet auch den Einsatz automatisierter Überwachungs- oder Entscheidungsfindungssysteme für die Verarbeitung bestimmter Arten personenbezogener Daten von Personen, die Plattformarbeit leisten, wie z. B. biometrische Daten oder ihr emotionaler oder psychologischer Zustand.
Die historische Einigung im Rahmen der Ratsformation „Beschäftigung und Sozialpolitik“ kam letztlich ohne die Stimmen der beiden bevölkerungsreichsten EU‑Mitgliedstaaten Deutschland und Frankreich zustande, die sich enthielten bzw. gegen die Einigung stimmten.
Der Text der Vereinbarung wird nun in allen Amtssprachen fertiggestellt und muss noch von beiden Institutionen förmlich angenommen werden. Das Europäische Parlament wird dem Kompromiss voraussichtlich in der letzten Plenarwoche vor der Europawahl im April 2024 zustimmen. Nach Abschluss der formalen Schritte der Verabschiedung haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Bestimmungen der Richtlinie in ihr nationales Recht zu implementieren.
Weitere Informationen sind der Pressemitteilung des Rates (in englischer Sprache) zu entnehmen. (VS)