| EuGH-Urteil

Nicht alle Datenschutzverstöße begründen Schadensersatzan-sprüche

Ein bloßer Verstoß gegen die Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung reicht nicht aus, um daraus einen Schadensersatzanspruch abzuleiten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat dies in seiner Entscheidung vom 4. Mai 2023 fest-gestellt. Ein immaterieller Schaden muss dabei aber keinen bestimmten Grad an Erheblichkeit erreicht haben. Die Feststellung der Höhe des Anspruchs richtet sich nach den nationalen Bestimmungen.
©pixabay

Der EuGH-Entscheidung (Rechtssache C-300/21) lag eine Klage gegen die Österreichische Post AG zugrunde. Letztere sammelte ab dem Jahr 2017 Informationen über die politischen Affinitäten der Bevölkerung und verkaufte diese an verschiedene Organisationen, um ihnen den zielgerichteten Versand von Werbung zu ermöglichen. Sie leitete aus den gesammelten Daten eine hohe Affinität des Klägers des Ausgangsverfahrens zu einer bestimmten österreichischen Partei ab. Der Kläger, der der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten nicht zugestimmt hatte, fühlte sich durch die Speicherung von Daten zu seinen politischen Meinungen und die Zuschreibung zu der fraglichen Partei beleidigt und behauptete, das Vertrauen in die Post verloren zu haben. Über diese vorübergehende gefühlsmäßige Beeinträchtigung hinaus konnte kein Schaden festgestellt werden. Der Rechtsanwalt hat beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien auf Unterlassung und Schadensersatz geklagt. Das Gericht gab dem Unterlassungsbegehren statt, wies das Schadensersatzbegehren jedoch ab. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Der mit der Revision befasste Oberste Gerichtshof wandte sich im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens an den EuGH, um zu fragen, ob der Zuspruch von Schadensersatz einen erlittenen Schaden erfordert, ob neben den Grundsätzen der Effektivität und Äquivalenz weitere unionsrechtliche Vorgaben für die Bemessung des Schadensersatzes bestehen und ob der erlittene Schaden einen bestimmten Grad an Erheblichkeit erreichen muss.

Der EuGH weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass der in der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vorgesehene Schadensersatzanspruch gemäß deren Wortlaut unter drei kumulativen Voraussetzungen gewährt wird: Es müssen ein Verstoß gegen die DSGVO, ein aus diesem Verstoß resultierender materieller oder immaterieller Schaden und ein Kausalzusammenhang zwischen Schaden und Verstoß vorliegen. Nicht jeder Verstoß gegen die DSGVO eröffnet daher den Schadensersatzanspruch. Der Ersatz eines immateriellen Schadens darf allerdings nicht davon abhängig gemacht werden, dass der entstandene Schaden einen bestimmten Grad an Erheblichkeit erreicht hat. Bei der Festsetzung der Höhe des Schadensersatzes haben die nationalen Gerichte die innerstaatlichen Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten über den Umfang der finanziellen Entschädigung anzuwenden. Dabei muss allerdings darauf geachtet werden, dass die Verwirklichung des Anspruchs nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird. Der Fall darf außerdem nicht ungünstiger als gleich gelagerte rein nationale Fälle behandelt werden.

Die Pressemitteilung ist unter folgendem Link zu finden (BH/UV).

Teilen

Zurück