| Rat der Europäischen Union

Nur Teileinigung im Rat zur Strommarktreform

Der Energierat konnte sich nicht auf eine Reform des europäischen Strommarktdesigns einigen. Eine gemeinsame Linie scheiterte vor allem an den unterschiedlichen, nationalen Erzeugungsstrukturen der einzelnen Mitgliedstaaten. So verständigten sich die 27 Energieministerinnen und -minister nur auf den weniger problematischen Teil des von der Europäischen Kommission (KOM) im März 2023 vorgeschlagenen Gesetzespakets und zwar auf die Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts.
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Anders als zunächst angenommen konnte sich der Rat Energie am 19. Juni 2023 auf keine gemeinsame Position zum Kommissionsvorschlag zur Bekämpfung der Preisvolatilität und zum Übergang des europäischen Energiemarktes zur Kohlenstoffneutralität einigen. Zur Diskussion steht der Kommissionsvorschlag, langfristige Stromabnahmeverträge mit stärkeren Anreizen zu fördern, um den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben. Damit könnten die EU-Staaten schneller aus der Gasversorgung aussteigen und ihre Unternehmen sowie Verbraucher vor schwankenden, hohen Preisen für fossile Brennstoffe schützen. Doch neben Ökostrom will die KOM auch Verträge mit Atomstrom fördern. An diesem Punkt gehen die Meinungen jedoch deutlich auseinander: Während Frankreich hinter dieser Idee steht, befürchten einige Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, dass Atomstrom zu stark in den Vordergrund rücken könnte. Auch zu der geplanten Förderung von Differenz-Verträgen für Ökostrom, die künftig als einzige staatliche Direktfördermittel erhalten sollen, gibt es zur konkreten Ausgestaltung unterschiedliche Ansichten im Rat. Außerdem fordert Polen eine längere Fördermöglichkeit für Kohlekraft, weil das Land nach wie vor stark von der Kohle abhängt.

Zum zweiten Teil des Reformpakets, der sogenannten REMIT-Verordnung, mit der die Umsetzung und der Schutz des Elektrizitätsmarktes vor Angriffen verbessert werden soll, bestand bereits vor der Sitzung breiter Konsens. Dies galt insbesondere in Bezug auf die Rolle der EU-Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER), die Ermittlungsbefugnisse und die Stärkung der Rolle der nationalen Regulierungsbehörden. Hier hat der Rat Energie einen gemeinsamen Standpunkt verabschiedet. Die allgemeine Ausrichtung wird als Grundlage für die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament (EP) über die endgültige Form der Rechtsvorschriften dienen.

Darüber hinaus hat die KOM über die jüngsten Entwicklungen in den Energieaußenbeziehungen und der Energieversorgung informiert. In Bezug auf den Bereich Erdgas ist der Anteil des russischen Gases der Energieversorgung der EU an den gesamten Pipelineeinfuhren der EU auf etwa acht Prozent gesunken. Es bestehe das Risiko, dass die russischen Importe gänzlich ausblieben oder die Wiederverdampfungskapazität durch Infrastrukturstörungen beeinträchtigt werde. Weitere Risiken sind extreme Wetterbedingungen und die weltweit steigende Nachfrage nach Gas. Die Stromversorgung sei im vergangenen Winter dank Maßnahmen zur Senkung der Nachfrage und zur Steigerung der Produktion von erneuerbaren Energien angemessen gewesen. In diesem Sommer dürfte sie aufgrund niedrigerer Gaspreise und der Fortschritte bei der Kernenergie billiger werden. Heißes Wetter und Dürre könnten sich jedoch auf die Wasserkraftproduktion auswirken. Die Mitgliedstaaten hätten ihre Erdölsicherheitsvorräte gemäß den EU-Vorschriften aufrechterhalten, so dass eine stabile Versorgungssicherheit gewährleistet sei. Sanktionen und Preisbegrenzungen hatten keine nennenswerten Auswirkungen auf die Ölversorgung der EU, da russisches Öl durch andere Quellen ersetzt wurde. (UV)

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