Er erinnerte daran, dass genau vor 73 Jahren der französische Außenminister Robert Schuman vorschlug, ein neues, ein organisiertes und lebendiges Europa zu schaffen. Die europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) wurde von Frankreich, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg gegründet und war die erste einer Reihe supranationaler europäischer Institutionen, die schließlich zur heutigen Europäischen Union wurden.
Scholz forderte eine geopolitische Europäische Union, eine erweiterte und reformierte Europäische Union und nicht zuletzt eine zukunftsoffene Europäische Union. Bei all dem sehe er im Europäischen Parlament eine treibende Kraft und einen Verbündeten.
Im Hinblick auf die russische Aggression sei die gewaltsame Grenzziehung „inakzeptabel“ und er versicherte, dass Deutschland die Ukraine so lange wie nötig unterstützen werde.
Weiterhin gehört für ihn zu einem geopolitischen Europa, schnell neue Freihandelsabkommen zu schließen - mit dem Mercosur, mit Mexiko, mit Indien, Indonesien, Australien, Kenia und perspektivisch mit vielen anderen Ländern. Es sollen faire Abkommen sein, die die wirtschaftliche Entwicklung der Partner befördern, nicht behindern. Verhandlungsschnelligkeit sei angezeigt, da ansonsten andere die Regeln diktieren - mit niedrigeren Umwelt- und Sozialstandards.
Der Bundeskanzler befürwortete eine Erweiterung der EU. Eine erweiterte Europäische Union müsse eine reformierte EU sein. Die Erweiterung sollte nicht der einzige Anlass für Reformen sein, wohl aber ihr Zielpunkt. Dabei positionierte er sich für Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit der Mitgliedstaaten im Rat.
Grundsätzlich folgt nach den Reden der jeweiligen Staatschefs eine Debatte mit den Abgeordneten des Europäischen Parlaments. Der EVP Vorsitzende Weber (CSU/DE) konstatierte engagiert, dass keine weiteren Grundsatzreden mehr benötigt werden, sondern Mut Europa in die Zukunft führe. Er forderte einen Konvent zur Überarbeitung der Verträge, um Europa für die kommenden Jahrzehnte fit zu machen.
Die Abgeordnete Terry Reintke (Grüne/DE) wandte sich in einer hitzigen Rede an Scholz: „Sie lassen laufen, statt sich zu positionieren“ und appellierte an den Kanzler, europäisch zu denken und voran zu gehen. Auch sie befürwortete einen europäischen Konvent. (CD)