| Insektensterben

Parlament für starken Bienenschutz

Das Europäische Parlament hat am 23. Oktober 2019 mit absoluter Mehrheit seiner Mitglieder (533/67/100) die Kommission aufgefordert, einen neuen Vorschlag zum Bienenschutz vorzulegen, in dem nicht nur die akute, sondern auch die chronische Gefährdung für Honigbienen sowie die akute Toxizität für Hummeln gemäß der Testrichtlinien der OECD aufgenommen werden sollen. Damit sollen die für Bestäuber gefährlichsten Pestizide vom Verkauf ausgeschlossen werden.

Bereits 2013 hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zum Schutz der Bienen Leitlinien zur Reduzierung des Einsatzes von für Bienen schädlichen Pestiziden erlassen, mit der die Testmethoden zur Zulassung von Pestiziden definiert werden. Auf dieser Grundlage erfolgte 2019 eine Revision der Pflanzenschutzverordnung. Das Parlament hält den Entwurf einer Verordnung der Kommission zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 546/2011 hinsichtlich der Bewertung der Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Honigbienen für nicht vereinbar mit der Verordnung 1107/2009 und hat ihn daher in seiner Entschließung vom 23. Oktober 2019 abgelehnt.

Die Kommission hatte auf Grundlage des EFSA-Leitfadens Anwendungsbeschränkungen gegen die drei bienenschädlichsten Neonicotinoide (Imidacloprid, Clothianidin und Thiamethoxam) erlassen und im Mai 2018 gänzlich im Freiland verboten. Der EuGH hatte dies am 27. Mai 2018 bestätigt und die Klage der Pestizidherstellers Bayer und Syngenta abgelehnt, jedoch die Beschränkung der Verwendung des Pestizids Fipronil für nichtig erklärt.

Der EFSA-Leitfaden erschien einigen Mitgliedstaaten zu streng und wurde daher im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (PAFF-Ausschuss) nicht formal beschlossen. Daher hat die Kommission am 01. Juni 2018 in einer Mitteilung eine EU-Initiative für Bestäuber (COM(2018) 395) angekündigt. Aufgrund mangelnden Fortschritts appellierte das Parlament in seiner Entschließung vom 16. Januar 2019 erneut, die Kommission möge die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 „unverzüglich“ verbessern und einschließlich der aktualisierten Leitlinien für Bienen umsetzen. Am 11. März 2019 hatte die Kommission die EFSA aufgefordert, die Leitlinien auf Grundlage neuer wissenschaftlicher Daten zu überarbeiten, um endlich eine Einigung zu erzielen. Den ursprünglichen Verordnungsentwurf der Kommission schwächten 16 Mitgliedstaaten dahingehend ab, dass nur akute, nicht jedoch chronische Belastungen berücksichtigt werden sollten. Am 17. Juli 2019 hatten sich die Mitgliedstaaten auf einen Bienenleitfaden geeinigt, worauf der Rat dem geänderten Entwurf der Verordnung am 14. Oktober 2019 zustimmte.

Die Zahl der Bestäuberinsekten hat drastisch abgenommen, sodass einige Arten bereits ausgestorben oder vom Aussterben bedroht sind. In Deutschland erregte 2017 die Krefelder Langzeitstudie ehrenamtlicher Insektenkundler Aufsehen, die bei ihrer Dokumentation der Bestände seit 1989 in 63 Gebieten von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg feststellten, dass in 27 Jahren die Gesamtmasse der Fluginsekten um mehr als 75 Prozent abgenommen hatte. Insektizide können das Nervensystem von Bienen angreifen und zu deren Orientierungslosigkeit führen. Die EFSA sieht eine Gefahr für Bienen nicht nur, wenn die Blüten mit dem Pestizid behandelt sind, sondern bereits, wenn der Boden kontaminiert ist. Bienen sind ein wichtiger Bestandteil der Nahrungskette im Ökosystem und bestäuben Kultur- und Nutzpflanzen: In der EU sind über 80 Prozent der Kulturpflanzenarten und knapp 80 Prozent der Wildblumenarten von der Bestäubung abhängig, sodass Bienen inzwischen teilweise vom Menschen von Feld zu Feld transportiert werden. Der Transport stresst jedoch die Tiere und schwächt ihr Immunsystem. Der Rückgang von Insekten ist auch im Verlust vielfältiger Flächen durch die Ausbreitung von Siedlungs- , Industrie- und Verkehrsflächen sowie Monokulturen in der Landwirtschaft, dem Klimawandel, Lichtverschmutzung und der Kombination verschiedener Schadstoffe wie Abgasen in der Luft oder Düngemitteln im Wasser begründet. (TS)

EP-Entschließung: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/B-9-2019-0149_DE.html

EU-Initiative für Bestäuber: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:52018DC0395

Studie des EP zur Umsetzung der Richtlinie 2009/128: https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2018/627113/EPRS_STU(2018)627113_EN.pdf

Richtlinie 2009/128: https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2009:309:0071:0086:DE:PDF

EFSA-Leitlinien 27. Juni 2013: https://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/3295

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