Das Pharmapaket hat zwei grundsätzliche Zielsetzungen. Einerseits soll die Wettbewerbsfähigkeit der EU als Standort für die pharmazeutische Industrie gestärkt werden. Andererseits soll ein fairer Zugang zu erschwinglichen Arzneimitteln in der ganzen EU sichergestellt werden. Weitere zentrale Aspekte sind die Versorgungssicherheit und die Auswirkungen von Arzneimitteln auf die Umwelt.
Die grundsätzlichen Zielsetzungen in Einklang zu bringen gestaltet sich als schwierig und die Verhandlungen im Rat waren geprägt von den unterschiedlichen Interessen von Mitgliedstaaten mit einer starken pharmazeutischen Industrie und denjenigen, die sich bisher beim Zugang zu Arzneimitteln benachteiligt sehen. Dementsprechend gelang es auch nicht, sich im Vorfeld des Rats der Gesundheitsminister zu einigen. Stattdessen wurde die Verhandlungsposition nun im Rahmen des Ausschusses der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (AStV) auf Botschafterebene verabschiedet.
Besonders kontrovers diskutiert wurde die Dauer des Unterlagenschutzes. Hier schlug die KOM ursprünglich eine Verkürzung auf sechs Jahre vor. Unternehmen hatten sich für die Beibehaltung der bisherigen Regelung und damit von acht Jahren eingesetzt, um weiterhin ausreichend Anreize für die Entwicklung innovativer Arzneimittel zu bieten. Die Mitgliedstaaten schlossen sich dieser Sichtweise an und Hersteller innovativer Arzneimittel sollen dazu in Zukunft eine einjährige Verlängerung der Standarddauer des regulatorischen Marktschutzes bekommen, der den gleichzeitigen Vertrieb von Generika untersagt. Dieser kann sich auf zwei Jahre verlängern, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Hierbei hat die KOM vor allem auf die gleichzeitige Markteinführung in allen Mitgliedstaaten bzw. die Entwicklung von Arzneimitteln, die einen hohen medizinischen Bedarf abdecken, abgezielt. Die Verhandlungsposition des Rates sieht vor, dass Mitgliedstaaten in Zukunft die Bereitstellung von Arzneimitteln in ausreichenden Mengen einfordern können, um die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten in dem jeweiligen Land decken zu können.
Mittels übertragbarer einjähriger Exklusivitätsgutscheine soll zudem die Entwicklung von Antibiotika attraktiver werden. Das damit verbundene zusätzliche Jahr des Marktschutzes soll auf andere Arzneimittel des gleichen Herstellers anwendbar sein oder kann an einen anderen Hersteller verkauft werden. Mit Blick auf die finanziellen Risiken einer solchen Regelung nahmen die Mitgliedstaaten hier allerdings eine Einschränkung vor, dass dieser Gutschein nur im fünften Jahr der gesetzlichen Datenschutzfrist angewandt werden kann und auch nur, wenn mit dem Produkt in keinem der Jahre zuvor mehr als 490 Mio. Euro umgesetzt wurden.
Mit diesem Beschluss werden die Mitgliedstaaten in die Trilogverhandlungen mit dem Europäischen Parlament (EP) gehen. Das EP hatte seine Position bereits in der letzten Legislaturperiode verabschiedet und sich beispielsweise für einen Unterlagenschutz von siebeneinhalb Jahren ausgesprochen. Angesichts der Komplexität des Dossiers dürften die Verhandlungen keineswegs einfach werden. Diese fallen allerdings auf Ratsseite ab Juli 2025 in die dänische Ratspräsidentschaft, die ein großes Interesse an einem erfolgreichen Abschluss bekundet hat.
Weitere Informationen können der Presseerklärung des Rates entnommen werden. (KdB)