Die vom Rat vereinbarten Details sehen nun einen schrittweisen Ausstieg aus der Einfuhr von russischem Öl vor, der für Rohöl sechs Monate und für andere raffinierte Erdölerzeugnisse acht Monate dauern wird. Eine temporäre Ausnahme ist für die Einfuhr von Rohöl über Pipelines in diejenigen Mitgliedstaaten vorgesehen, die aufgrund ihrer geografischen Lage besonders von russischen Lieferungen abhängig sind und über keine praktikablen Alternativen verfügen. Darüber hinaus gelten für Bulgarien und Kroatien befristete Ausnahmeregelungen für die Einfuhr von russischem Rohöl auf dem Seeweg bzw. von Vakuumgasöl. Darüber hinaus wird der Ausschluss vom SWIFT-Bankensystem auf drei weitere russische Banken ausgeweitet. Dieser Ausschluss umfasst die größte russische Bank Sberbank, die Credit Bank of Moscow und die Russian Agricultural Bank. Auf belarussischer Seite wird die Bank für Entwicklung und Wiederaufbau mit Sanktionen belegt.
Die ersten vier Sanktionspakete zielten vor allem auf Personen, den Handels-, Banken-, und Transportsektor ab. So wurden insbesondere die Vermögenswerte russischer Politiker und Oligarchen beschlagnahmt und diese Personen mit Einreiseverboten in die EU belegt. Auch wurden russische Banken vom Bankenkommunikationssystem SWIFT ausgeschlossen und die russische Wirtschaft aus dem europäischen Handelsmarkt verbannt; insbesondere sogenannte Dual-Use-Güter – also Waren mit militärischen und zivilen Einsatzmöglichkeiten – unterliegen einem Exportverbot. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf den Luftfahrtsektor.
Mit dem fünften Sanktionspaket vom 11. April 2022 wurden Importverbote für Kohle, Holz und Wodka sowie die Schließung europäischer Häfen für russische Schiffe vereinbart. Darüber hinaus wurden russische und belarussische Speditionsunternehmen vom europäischen Markt ausgeschlossen. Das Transaktionsverbot für russische Banken wurde erweitert sowie die Ausfuhr für spezifische Halbleiter, Computer und andere Ausrüstungsgegenstände (wie Transportmittel, Katalysatoren für Raffinerien sowie Flugturbinenkraftstoff, Additive und weitere Chemikalien) im Wert von 10 Milliarden Euro beschlossen. Auch ist es russischen Staatsbürgerinnen und -bürgern bzw. Unternehmen seitdem nicht mehr gestattet, an europäischen Ausschreibungen teilzunehmen. Ebenso wurden öffentliche oder von öffentlicher Seite kontrollierte russische Einrichtungen von der finanziellen und nicht-finanziellen Unterstützung aus Programmen der EU, von Euratom und der Mitgliedstaaten, beispielsweise im Bereich der Forschung und Bildung, abgeschnitten.
Von den persönlichen Sanktionen sind, neben den bereits mit Strafmaßnahmen belegten Personen wie Wladimir Putin, Sergej Lawrow und dem Kreml nahestehende Oligarchen auch die 179 Mitglieder der „Parlamente“ und „Regierungen“ von Luhansk und Donezk betroffen. Neu in die Liste aufgenommen wurden nunmehr unter anderem die für die Gräueltaten in Butscha und Mariupol verantwortlichen Personen in Militär und Regierung. Insgesamt führt die personalisierte Sanktionsliste über 1.170 Personen und 100 Einrichtungen auf. In Belarus werden 195 Personen und 35 Einrichtungen mit Sanktionen belegt. Aufgrund der verhängten Sanktionen hat die EU inzwischen erhebliche Vermögenswerte russischer und belarussischer Oligarchen und Unternehmen eingefroren. Darüber hinaus wurden Transaktionen im Wert von rund 196 Milliarden Euro blockiert. Die Kommission hat zur Unterstützung erfolgreicher Einfrier- und Beschlagnahmemaßnahmen die Taskforce „Freeze and Seize“ geschaffen, die die Mitgliedstaaten operativ begleitet.
Die Mitglieder des Europäischen Parlaments begrüßten am 8. Juni 2022 die Einigkeit bei der Aushandlung und das neueste Sanktionspaket sowie die Entschlossenheit zur Bekämpfung der Versorgungskrise, mahnten aber auch, dass die Bekämpfung von negativen Folgen des Krieges innerhalb der EU mehr Aufmerksamkeit erhalten sollte. Zudem warnten sie vor einer Verschiebung der Energieabhängigkeit und forderten weitere Waffenlieferungen an die Ukraine.
Die Pressemitteilung des Rates finden Sie hier. (AR/JGr)