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Rat gewinnt Spielraum bei Verhandlungen mit Parlament

Die Verhandlungen zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament (EP) über die von der Kommission vorgeschlagene Überarbeitung der EU-Verordnung zur Koordinierung der Sozialsicherungssysteme wurden am 21. Oktober 2020 wiederaufgenommen.

Anders als üblich hatte die deutsche Ratspräsidentschaft dem Parlament einen Fragenkatalog übermittelt, um den Verhandlungsspielraum besser einschätzen zu können. Der Ausschuss der Ständigen Vertreter (also der EU-Botschafter) der Mitgliedstaaten (AStV) ist nun aufgefordert, den Kompromissvorschlag der Ratspräsidentschaft zu überprüfen und ein aktualisiertes Verhandlungsmandat für zukünftige Triloge zu erteilen. Wesentliche Diskussionsschwerpunkte waren unter anderem der Transfer von Sozialleistungen von einem Mitgliedstaat in einen anderen sowie Vorab-Anmeldungen von Arbeitnehmern bei Entsendungen ins europäische Ausland.

Vorab-Anmeldungen und geltende Ausnahmen

Einige Delegationen äußerten Bedenken, dass eine Vorab-Anmeldung bei den zuständigen Behörden des Empfängerlandes den ohnehin komplizierten Prozess unnötig bürokratisieren und damit die Bewegungsfreiheit der Arbeitskräfte und Grenzpendler zusätzlich einschränken könnte. Dieser Punkt stellt jedoch für das Parlament eine Priorität dar. Die Kommission schlägt vor, an der verpflichtenden Vorab-Anmeldung festzuhalten und an möglichen Ausnahmen zu arbeiten. Um den Bedenken des Parlaments für eine zeitlich begrenzte Ausnahme Vorschub zu leisten, schlägt die Kommission ein zweistufiges Ausnahmen-Modell vor:

  1. Eine Ausnahme kann für Geschäftsreisen gelten. Die Kommission schlägt vor, die Definition von Geschäftsreisen weiter zu schärfen, um rechtliche Klarheit zu schaffen.
  2. Die zweite Ausnahme soll eine zeitliche Begrenzung vorsehen, um sicherzustellen, dass bei kurzen Dienstreisen kein unverhältnismäßiger bürokratischer Aufwand entsteht. Dies schließe wiederkehrende Kurzaufenthalte mit ein. Zeitliche Rahmen hierfür wurden nicht genannt.

Vorab-Anmeldungen bleiben zudem erforderlich, wenn mehr als zwei Mitgliedstaaten in einen Arbeitseinsatz eingebunden sind. Die Ratspräsidentschaft schlägt auch vor, die Möglichkeiten digitaler Antragstellung zur vereinfachten Umsetzung der Vorschriften zu überprüfen.

Absicherung von Leistungen bei Erwerbslosigkeit

Das Parlament zeigt sich beharrlich und schlägt vor, dass entweder drei Monate durchgehend oder über einen noch zu definierenden Zeitraum maximal sechs Monate lang Leistungen gewährt werden sollen. Die Mitgliedstaaten haben erklärt, dass ein Kompromiss das Prinzip der lex loci laboris achten und die Arbeitskräfte im europäischen Ausland sowie Grenzpendler angemessen schützen müsse. Die „exportierten“ Sozialleistungen bei Erwerbslosigkeit sollten verhältnismäßig und vergleichbar sein.

Das nächsten inter-institutionelle Treffen zur Verhandlung ist für den 29. Oktober 2020 geplant, ein weiteres im November 2020. Um die Wiederaufnahme der Verhandlungen nach dem 12. Trilog am 30. September 2020 vorzubereiten, hatte die deutsche Ratspräsidentschaft breite Konsultationen aufgenommen. Mit Blick auf einen möglichen Kompromiss mit dem Parlament sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, auf Basis der oben genannten Elemente einen gemeinsamen Weg zu finden. (sch)

Näheres zur Entsendung von Arbeitnehmern: https://europa.eu/youreurope/citizens/work/work-abroad/posted-workers/index_de.htm

 

 

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