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Rat und Parlament verständigen sich auf Zukunft der EU-Agrarpolitik

Mähdrescher im Getreidefeld

Die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament (EP) haben am 25. Juni 2021 eine vorläufige politische Einigung über die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) erzielt. Beide Institutionen hatten im Herbst 2020 ihre Verhandlungsposition zu den Vorschlägen einer reformierten GAP festgelegt und seit November 2020 zusammen mit der Kommission im so genannten Trilogverfahren über einen Kompromiss verhandelt. Im Anschluss an das jetzt erzielte Ergebnis müssen die Gesetzestexte entsprechend angepasst werden, um anschließend, voraussichtlich im Herbst 2021, formell von Rat und EP verabschiedet werden zu können.

Die wichtigsten Elemente des erzielten Kompromisses sind:

  • Die Einführung so genannter Öko-Regelungen (Eco-Schemes), mit denen erstmals verbindlich die Direktzahlungen (1. Säule der GAP) an Leistungen für den Umwelt- und Klimaschutz gebunden werden. Landwirte, die über die grundlegenden Umweltvorgaben hinausgehen, sollen zusätzliche finanzielle Unterstützung erhalten. Hierfür sind 25 Prozent der Direktzahlungen zweckgebunden. Beispiele für mögliche neue Instrumente sind Praktiken wie Präzisionslandwirtschaft, Agroforstwirtschaft und ökologischer Landbau. Den Mitgliedstaaten wird eine Übergangsfrist von zwei Jahren (gültig also ab 2025) eingeräumt, in der sie das neue Verfahren erproben können, ohne Finanzmittel zu verlieren.
  • Die Definition verbindlicher Konditionalitäten, die Landwirtinnen und Landwirte in Bezug auf klimafreundliche und umweltschonende Praktiken einhalten müssen, sofern sie finanzielle Unterstützung erhalten wollen. Erstmals wird die GAP Bestimmungen zur sozialen Konditionalität enthalten, was bedeutet, dass die Begünstigten Elemente des europäischen Sozial- und Arbeitsrechts einhalten müssen, um die GAP-Mittel zu erhalten.
  • Mindestens 35 Prozent der Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums (2. Säule GAP) müssen für Agrarumwelt- und Klimaschutz- sowie Tierschutzmaßnahmen verausgabt werden.
  • Die Umverteilung der Einkommensstützung wird obligatorisch. Die Mitgliedstaaten verteilen mindestens 10 Prozent zugunsten kleinerer Betriebe um. Für Deutschland hatten sich die Agrarministerinnen und –minister bereits auf einen Wert von
    12 Prozent im nationalen GAP-Direktzahlungsgesetz verständigt.
  • Die Unterstützung für Junglandwirte (Landwirte bis 40 Jahre) im Rahmen der GAP wird einen neuen obligatorischen Mindestsatz von 3 Prozent des Einkommensstützungsbudgets der Mitgliedstaaten vorsehen. Dazu können Einkommensstützung, Investitions- oder Existenzgründungsbeihilfen für Junglandwirte gehören.
  • Eine Kappung (ab 100.000 Euro) oder Degression (ab 60.000 Euro) von Direktzahlungen durch die Mitgliedstaaten bleibt freiwillig. Kappung und Degression werden in Deutschland nicht angewandt, da für Deutschland bereits eine höhere Umverteilung der Einkommensstützungen festgeschrieben wurde, als auf EU-Ebene festgelegt.
  • Es wird keine grundsätzlichen Ausnahmen bei den höheren Umweltstandards für Kleinbetriebe geben; bei diesen werden allerdings vereinfachte Kontrollen durchgeführt, um den Verwaltungsaufwand zu verringern.

In einer ersten Reaktion erklärte der Agrarkommissar Janusz Wojciechowski: „In einigen Punkten hätten wir uns andere Kompromisse gewünscht, aber insgesamt denke ich, dass wir mit der erzielten Einigung zufrieden sein können.“ Dem schloss sich der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses im EP an: „Wir haben eine gute Balance aus Nachhaltigkeit, Ernährungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und sozialer Gerechtigkeit gefunden“, erklärte Norbert Lins (DE/EVP).

Auch die Vorsitzende der S&D-Fraktion im EP, Iratxe Garcìa Pérez (ES), zeigte sich zufrieden mit dem erzielten Ergebnis und betonte die soziale Komponente, „die die GAP zu einem echten Pfeiler des sozialen Europas macht, für das wir kämpfen.“ Zugleich werde die neue GAP zu einem „unverzichtbaren Antrieb hin zu einer nachhaltigeren und wirtschaftlicheren Entwicklung“ für Landwirte und ländliche Gemeinschaften“, so Garcìa Pérez. Wesentlich kritischer äußerte sich Maria Noichl, (DE/S&D): „Mit dieser Agrarreform sind die europäischen Klima- und Umweltziele nicht erreichbar. Die europäische Agrarpolitik kann mehr. Der Kompromiss, demnach künftig ein Viertel der Flächenzahlungen für Umwelt- und Klimamaßnahmen bereitgestellt werden soll, geht in die richtige Richtung, wird aber durch eine Reihe an Ausnahmen für die EU-Staaten verwässert.“

Noch kritischer sehen die Umweltverbände und die Grünen das Verhandlungsergebnis. „Der Kompromiss rückt nicht einmal in die Nähe einer Neuausrichtung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik zum Nutzen von Umwelt, Klima, Artenvielfalt, Böden, Landwirtinnen und Landwirten“, erklärte der Abgeordnete Martin Häusling (DE/Die Grünen/EFA).

Die neue GAP, die drei Verordnungen (horizontale Verordnung, Verordnung über die Strategiepläne und Verordnung über die gemeinsame Marktorganisation) umfasst, muss vom Europäischen Parlament förmlich gebilligt und vom Rat verabschiedet werden, bevor sie in Kraft treten kann. Damit wird nicht vor Oktober / November 2021 zu rechnen sein.

Die Mitgliedstaaten müssen die Entwürfe für ihre GAP-Strategiepläne bis zum 31. Dezember 2021 vorlegen. Die Kommission hat dann sechs Monate Zeit, um die Pläne zu prüfen und zu genehmigen, die Anfang 2023 in Kraft treten. (UV)

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