| Ratstagung

Rat Wettbewerbsfähigkeit berät Draghi-Bericht und Binnenmarkt

Wichtigstes Thema der Sitzung des Rates Wettbewerbsfähigkeit am 26. September 2024 war der Meinungsaustausch der Mitgliedstaaten zu dem Anfang des Monats veröffentlichten Draghi-Bericht. Gemeinsam mit dem zweiten Tagesordnungspunkt, der Situation des Binnenmarktes, will der Rat daraus Initiativen erarbeiten, um die EU im internationalen Vergleich konkurrenzfähiger zu machen. Der Rat verabschiedete endgültig das neue europäische Notfallinstrument zum Umgang mit Krisen.
©pixabay

Die Aussprache zum Draghi-Bericht und dem Thema „Die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit, Bewältigung der Herausforderungen für Industrie und Unternehmen im Binnenmarkt“ hat die ungarische Präsidentschaft mit dem Hinweis eingeleitet, dass es sich dabei um ihre Hauptpriorität handele. Die Mitgliedstaaten haben erste Bewertungen zum Bericht abgegeben und auf Schlüsselelemente hingewiesen, die von der neuen Europäischen Kommission in zukünftigen Initiativen und zur Ergänzung des Green Deal aufgegriffen werden sollten. Dabei haben sich die Themen Fachkräfte, Clean Industrial Deal, Kreislaufwirtschaft und Vereinfachung als zentral herauskristallisiert. Insgesamt wurde der Draghi-Bericht als analytische Basis für die zukünftige Arbeit aufgefasst. Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold hat den Dreiklang des Berichts aus Innovationen, Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit positiv hervorgehoben. Der Bericht enthalte viele gute Ansätze, etwa zur Industriepolitik, zur Handelsagenda oder zur Schaffung eines auf Kreislaufwirtschaft basierenden Binnenmarkts. Um die Energiekosten langfristig zu senken, sei ein schneller Ausbau der Erneuerbaren Energien, Flexibilität und Investitionen in Energieinfrastruktur notwendig. Während sich Deutschland gegen die Nutzung von Atomkraft positionierte, haben andere Mitgliedstaaten, insbesondere Frankreich, deren Einsatz zum Erreichen der Klimaziele gefordert. Zum Ende der Diskussion wies die Europäische Kommission (KOM) auf konkrete, bereits geplante Initiativen hin: einen „Industrial Decarbonisation Accelerator Act“ zur Schaffung von Leitmärkten, um Investitionen in die Dekarbonisierung der Industrie zu lenken, und einen Aktionsplan für den Automobilsektor mit den Themen Flottengrenzwerte, Ladeinfrastruktur und Nachfrage nach elektrischen Fahrzeugen.

Bei der Debatte über die Fortentwicklung des europäischen Rechtsrahmens für staatliche Beihilfen begrüßten die Mitgliedstaaten einhellig das ausgegebene Ziel der Vereinfachung und der Beschleunigung von Verfahren. Sie waren sich darüber einig, dass eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas allein durch öffentliche Finanzierung nicht möglich sei. Zusätzlich seien Anreize für private Investitionen notwendig. Einigkeit bestand auch hinsichtlich des Bedarfs zur beihilferechtlichen Sonderbehandlung von wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse (Important Project of Common European Interest – IPCEI). Für Deutschland forderte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold eine Stärkung des Ansatzes durch eine bessere Koordinierung. Während einige Mitgliedstaaten hier eine Ausweitung des Anwendungsbereiches forderten, sind andere für eine stärkere Fokussierung eingetreten. Grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten bestanden auch in Bezug auf den „Befristeten Krisen- und Übergangsrahmen“ (Temporary Crisis and Transition Framework (TCTF), mit dem die Förderbedingungen für Investitionen im Bereich der Transformationstechnologien, insbesondere im Zusammenhang mit der Energiekrise, erleichtert werden. Die Meinungen reichten von der Beibehaltung über Anpassung bis hin zur Abschaffung. Auch die Bundesregierung sprach sich für eine Beibehaltung aus, weil sich der Rahmen sowohl bei der Bewältigung der Energiekrise als auch bei der Entwicklung von Transformationstechnologien als hilfreich erwiesen habe. Abschließend kündigte die KOM an, dass es grundsätzlich Ziel der Reform sei, zu einem normalen Regelungssystem zurückzukehren. Fragen zum Förderrahmen und Verfahrensaspekte seien hier zentral. Gleichzeitig sei aber auch zu prüfen, wie der Rechtsrahmen im Interesse einer erfolgreichen Transformation punktuell angepasst werden könnte.

Auf Antrag Deutschlands hat sich der Rat außerdem mit dem Thema Online-Handel beschäftigt. Wirtschaftsstaatssekretär Gigold hat schärfere Kontrollen bei der Einfuhr von Waren von Billig-Onlinehändlern wie Shein und Temu in die EU verlangt. Er hat die KOM aufgefordert, für die Einhaltung der europäischen Regeln zu sorgen. Die Onlinehändler müssten sich in der EU unter anderem an Vorgaben zur Produktsicherheit und zu chemischen Inhaltsstoffen halten. Außerdem gilt für sie das Gesetz für digitale Dienste (Digital Services Act, DSA), das großen Online-Plattformen etwa vorschreibt, Fälschungen von ihren Seiten zu löschen und Daten zu Werbung offenzulegen. Die KOM hatte von Shein und Temu Ende Juni 2024 bereits Auskunft zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbraucher und speziell von Minderjährigen verlangt, was dem ersten Schritt für ein Verfahren nach dem Gesetz für digitale Dienste entspricht.

Ohne Aussprache gab der Rat seine endgültige Zustimmung zum Binnenmarkt-Notfall- und Resilienzgesetz. Durch diese Verordnung wird die Grundlage dafür gelegt, dass die EU künftig besser auf mögliche Krisen vorbereitet ist. Gewährleistet wir dies durch eine gezielte Beobachtung potenzieller aufkommender Krisen, im Bedarfsfall durch die Aktivierung eines „Wachsamkeits-“ bzw. „Notfallmodus“ sowie eine koordinierte Reaktion auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten. (UV)

Zu den wichtigsten Ergebnissen des Rates Wettbewerbsfähigkeit: https://www.consilium.europa.eu/de/meetings/compet/2024/09/26/

Teilen

Zurück