Um die ehrgeizigen Reduktionsziele beim Pflanzenschutz zu erreichen und die landwirtschaftliche Produktion zu sichern, setzt Landwirtschaftsministerin Daniela Schmitt auf Innovation und Technologieoffenheit. Dirigistische Methoden lehnte sie ab und appellierte in ihrem Statement dafür, dass angesichts der weltweiten geopolitischen Verwerfungen, angesichts einer weiter steigenden Weltbevölkerung und mit Blick auf die Auswirkungen des Klimawandels eine verantwortungsvolle europäische Agrarpolitik verstärkt auf integrierten, digital unterstützten Pflanzenschutz sowie innovative Züchtungsmethoden und technologische Verfahren setzen müsse.
In der von der Europäischen Kommission im Juni 2022 vorgeschlagenen Reform der Pestizidrichtlinie soll erstmals ein rechtlich verbindliches Reduktionsziel beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln festgeschrieben werden: Bis 2030 sollen 50 Prozent weniger chemische Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Ferner sollen in Zukunft alle Pflanzenschutzmittel in „empfindlichen Gebieten“ verboten werden. Allein in Rheinland-Pfalz wären von diesem pauschalen Verbot knapp 40 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche betroffen, insbesondere der Wein- und Obstbau.
Zu Beginn der Diskussionsveranstaltung beleuchtete Prof. Dr. Andreas von Tiedemann von der Georg-August-Universität Göttingen aktuelle Aspekte des Pflanzenschutzes aus Sicht der Wissenschaft. Er vertrat die These, dass Pflanzenschutz eine systemrelevante Zivilisationstechnologie sei, deren Nutzen in der urbanen Gesellschaft aber weitgehend unbekannt sei. Darüber hinaus würden die vermeintlichen Risiken in weiten Teilen der Gesellschaft überschätz. Prof. Dr. Gabi Krczal von der Gesellschaft für Pflanzenbiotechnologie stellte neue molekulargenetische Verfahren in der Pflanzenzüchtung und im Pflanzenschutz vor. Mit neuen Züchtungsmethoden, wie der „Genschere“ CRISPR/Cas könnten nutzbringende Züchtungserfolge bei Kulturpflanzen beschleunigt werden. Innovative Technologien, wie Boten-Ribonukleinsäuren (mRNA), die die pflanzeneigeneigene Immunantwort stimulieren, könnten konventionelle und chemische Pflanzenschutzmittel ersetzen.
An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen teil: Maria Pilar Aguar Fernandez, Direktorin der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission, Eberhard Hartelt, Vorsitzender des Fachausschusses Umwelt im Deutschen Bauernverband, Dr. Christian Lang, Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer, sowie André Prescher, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Für die KOM machte Frau Aguar Fernandez deutlich, dass die Diskussion um den Vorschlag zur Reform des Pflanzenschutzrechts mit der Vorlage erst begonnen habe. Die Diskussionen im Rat und dem Europäischen Parlament müssten jetzt zeigen, wie der Entwurf von den beiden Gesetzgebern bewertet werde. Herr Hartelt unterstrich die Bereitschaft des Berufsstandes, Leistungen für den Klima- und Umweltschutz sowie die Biodiversität zu erbringen. Gleichzeitig forderte er aber, dass die Vorleistungen des Berufsstandes berücksichtigt werden müssten und auch langfristig Schutzmaßnahmen zur Sicherung der landwirtschaftlichen Produktion notwendig seien. Herr Prescher begrüßte den Kommissionsvorschlag, da bestehende Potenziale zur Reduktion des Einsatzes von Pestiziden bisher nur unzureichend genutzt worden seien. (UV)