Die vorgeschlagene Richtlinie enthält außerdem erstmals klare Vorgaben für die Kriminalisierung von Taten, die unter dem Begriff „digitale Gewalt“ zusammengefasst werden. Darunter fallen das nicht-einvernehmliche Verbreiten von intimen Aufnahmen, Cyberstalking und Belästigung im Netz. Zu diesen Formen von Gewalt bestehen nach Ansicht der Europäischen Kommission derzeit signifikante rechtliche Lücken, sowohl in den Mitgliedstaaten als auch auf EU-Ebene. Hier ergänzt der Vorschlag die geplante Gesetzgebung rund um das Digitale-Dienste-Gesetz (DSA). Im vorliegenden Richtlinienvorschlag geht es um Mindestvorschriften für Straftaten im Zusammenhang mit digitaler Gewalt. Das Digitale-Dienste-Gesetz ist ein umfassendes Reformvorhaben mit einem kohärenten Ansatz für alle digitalen Dienste.
Außerdem sollen die Mitgliedstaaten mit der Richtlinie dazu verpflichten werden, sogenannte bildbasierte Gewalt einheitlich unter Strafe zu stellen. Das Verbreiten von intimen Aufnahmen ohne die Zustimmung der Gezeigten soll demnach mit mindestens einem Jahr Gefängnis bestraft werden. Dabei soll es unerheblich sein, ob die Betroffenen den Aufnahmen zu einem Zeitpunkt zugestimmt oder sie gar selbst gemacht und verschickt haben. Entscheidend ist, ob sie gegen ihren Willen verbreitet wurden. Damit wären von der Richtlinie auch solche Fälle abgedeckt, in denen Betroffene selbst Nacktbilder verschickt haben, die anschließend im Internet veröffentlicht werden.
Ebenfalls ausdrücklich unter Strafe gestellt werden soll das sogenannte Cyberstalking, also die Bedrohung und kontinuierliche Überwachung einer anderen Person mit digitalen Hilfsmitteln. Darunter würden wohl auch Spionage-Apps fallen, sogenannte Stalkerware, mit denen Täter ihre Opfer mittels infizierter Geräte umfassend ausspähen können. Täter können aber auch mittels erpresster oder erratener Passwörter Zugang zu Accounts, Nachrichten oder Geräten erlangen. Ergänzend enthält der Vorschlag neue Regelungen zu sicheren Meldeverfahren bei Gewalttaten gegen Frauen, zum Schutz der Privatsphäre der Opfer in Gerichtsverfahren und zu deren Unterstützung in Beratungsstellen.
Sollte die Richtlinie so in Kraft treten, wie der Vorschlag es vorsieht, würde das auch für Deutschland bedeuten, dass neue Gesetze geschaffen werden müssten. Das nicht-einvernehmliche Verbreiten von Bildern zum Beispiel wird seit vergangenem Jahr als Teil von Nachstellung im Strafgesetzbuch benannt, ist jedoch nicht für sich genommen eine Straftat. Im nächsten Schritt muss der Vorschlag aber erst von Rat und Europäischen Parlament beraten und verabschiedet werden. (UV)