Für die drei vom EU-Parlament abgelehnten Kandidaten für die Kommissarsposten der neuen Europäischen Kommission wurden von den Mitgliedstaaten Rumänien, Ungarn und Frankreich nun Alternativkandidaten benannt. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Ursula von der Leyen mit ihrer Kommission nun zum 1. Dezember 2019 die Arbeit aufnehmen kann. Der planmäßige Amtsantritt zum 1. November 2019 war aufgrund der Ablehnung der drei Kandidaten nicht möglich.
In Rumänien musste aufgrund eines erfolgreichen Misstrauensvotums gegen die sozialdemokratische Regierung zunächst um eine neue Regierung gebildet werden. Mit dem Arbeitsbeginn der neuen nationalliberal geführten Minderheitsregierung konnten dann schließlich Siegfried Muresan, der stellvertretende EVP-Fraktionsvorsitzende und Adina Valean, die Vorsitzende des Industrieausschusses, als neue Kandidaten vorgestellt werden. Auf Druck von der Leyens wurde neben dem ursprünglich favorisierten Muresan auch eine Frau nominiert, um das Geschlechtergleichgewicht in der künftigen Kommission sicherzustellen. Ursula von der Leyen entschied sich in diesem Sinne für die Nominierung von Adina Valean. Sie ist Mitglied der nationalliberalen PNL-Partei, die Teil der EVP-Fraktion im EU-Parlament ist. Erwartungsgemäß teilte von der Leyen ihr das Verkehrsressort zu. Rovana Plumb, die ursprüngliche Kandidatin Rumäniens, wurde noch vor den Anhörungen aufgrund von finanziellen Interessenskonflikten vom Rechtsausschuss abgelehnt.
Der IT-Manager Thierry Breton, von Frankreich anstelle der ebenfalls abgelehnten Sylvie Goulard vorgeschlagen, ist für die Ressorts Binnenmarkt, Raumfahrt und Verteidigung vorgesehen. Einzelne Abgeordnete halten dieses Ressort für zu umfangreich, ggf. muss von der Leyen hier noch nachbessern. Dadurch könnten auch den ebenfalls diskutierten Interessenskonflikte zu Breton vorheriger Tätigkeit in der Wirtschaft Abhilfe geschaffen werden. Dies gilt insbesondere, wenn die Generaldirektion Connect aus seinem Verantwortungsbereich gestrichen werden sollte, da diese inhaltliche Überschneidungen mit seiner Tätigkeit als IT-Konzernmanager aufweist.
Der ungarische Botschafter in Brüssel, Oliver Varhelyi, wurde von der designierten Kommissionspräsidentin für das Ressort der Nachbarschafts- und Erweiterungspolitik nominiert. Der ungarische Kandidat ist parteilos, gilt aber als Vertrauter des EU-kritischen ungarischen Ministerpräsidenten Victor Orbán. Im EU-Parlament gibt es Stimmen, die es Varhelyi, eine erfolgreiche Erweiterungspolitik zu leisten. Sie plädieren daher für einen Tausch des Ressorts mit dem rumänischen Verkehrsressort.
Bis zu einem eventuell eintretenden Brexit benötigt Ursula von der Leyen zudem einen Vorschlag für eine Kommissarin oder einen Kommissar aus dem Vereinigten Königreich. Am 6. November 2019 schickte sie daher einen Brief mit der Bitte um Benennung eines Kandidaten an den britischen Premierminister Boris Johnson. Es bleibt abzuwarten, ob der britische Premier sich bis zur gesetzten Frist am 11. November 2019 dazu äußern wird.
Am 12. November 2019 wird der Rechtsauschuss die drei nachnominierten Kandidaten auf Interessenskonflikte überprüfen. Die Anhörungen vor den Ausschüssen des Parlaments werden zwei Tage darauf stattfinden. Die abschließende Abstimmung des Parlaments über die gesamte Kommission ist für den 27. November 2019 geplant. (KL)