| Medienfreiheit

Schutz von Journalisten vor missbräuchlichen Klagen

Journalistinnen und Journalisten sowie Menschen, die sich für die Verteidigung von Menschenrechten einsetzen, sollen besser vor missbräuchlichen Gerichtsverfahren schützt werden. Auf Grundlage eines von der Europäischen Kommission am 27. April 2022 vorgelegten Richtlinienvorschlags sollen sogenannte Strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung mit grenzüberschreitendem Bezug leichter abgewiesen werden können. Ergänzend wird den Mitgliedstaaten empfohlen, vergleichbare Verfahren auf nationaler Ebene einzusetzen.
© pixabay

Die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Richtlinie zu „Strategischen Klagen gegen öffentliche Beteiligung“ oder „SLAPP-Klagen“ (strategic lawsuits against public participation) bezieht sich auf Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug. SLAPP- Klagen werden vorrangig gegen Journalisten und Menschenrechtsverteidiger eingesetzt, um Äußerungen zu verhindern oder zu sanktionieren. Die Richtlinie ermöglicht es Richterinnen und Richtern, offenkundig missbräuchliche Klagen rasch abzuweisen. Als Kriterium für die grenzüberschreitende Auswirkung gelten hierbei jene Fälle, bei denen nicht beide Parteien in demselben Mitgliedstaat ansässig sind wie das Gericht, bei dem die Klage eingereicht wird. Im Sinne der Richtlinie können Rechtssachen auch unter bestimmten anderen Umständen als Fälle mit grenzüberschreitender Auswirkung eingestuft werden, unter anderem dann, wenn eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist, die für mehr als einen Mitgliedstaat relevant ist.

In der Richtlinie wird auch darauf hingewiesen, dass die grenzüberschreitende Zugänglichkeit der Online-Medien dem „Verleumdungs-Tourismus“ Tür und Tor öffnet. In diesen Fällen suchen diejenigen, die Klagen einreichen, nach Gerichtsbarkeiten, die für ihre Klagen möglicherweise günstiger sind. Die Kommission schlägt eine Reihe von Schutzmaßnahmen vor. Dazu gehören Maßnahmen zur Erleichterung der frühzeitigen Abweisung von Fällen, die als missbräuchlich oder unbegründet eingestuft werden, sowie die Bereitstellung einer angemessenen Entschädigung für die Betroffenen und von Sanktionen und Abschreckungsmaßnahmen für die Kläger.

Während die Richtlinie Fälle mit grenzüberschreitenden Auswirkungen abdeckt, stellt die Kommission fest, dass viele Fälle von SLAPPs inländischer Natur sind und keine solchen grenzüberschreitenden Auswirkungen haben. Daher hat sie neben der Richtlinie eine Empfehlung herausgegeben, in der sie den Regierungen Schritte vorschlägt, um ähnliche Schutzmaßnahmen auf nationaler Ebene zu ergreifen. So fordert sie die Regierungen der Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Strafen für Verleumdung – der häufigste Grund für SLAPPs – nicht übermäßig hoch sind, und empfiehlt insbesondere die Abschaffung von Gefängnisstrafen für diejenigen, die für schuldig befunden werden.

Außerdem sollten diese Fälle nicht strafrechtlich, sondern zivil- oder verwaltungsrechtlich behandelt werden. Darüber hinaus regt die Kommission an, dass die Mitgliedstaaten den Mitarbeitern des Justizwesens, Medienvertretern und Menschenrechtsverteidigern entsprechende Kurse anbieten, damit sie besser erkennen können, wann ein Fall als rechtsmissbräuchlich eingestuft werden kann.

SLAPP-Klagen sind in einigen Mitgliedstaaten ein ernsthaftes Problem, wie aus den Rechtsstaatlichkeitsberichten der Jahre 2020 und 2021 hervorgeht. Im Jahr 2021 wurden insgesamt 439 Verstöße gegen die Medienfreiheit, einschließlich SLAPP-Klagen, gemeldet – wobei 778 Personen oder Einrichtungen im Medienbereich in 24 EU-Mitgliedstaaten angegriffen wurden. In mehr als einem von fünf Fällen waren Medienakteure von rechtlichen Konsequenzen betroffen. (UV)

Teilen

Zurück